Die Oefterreithisch-Angarische Menarchie. (Aug. 17. —Sept. Mitte.) 167
reichisch-ungarischen Orientpolitik klar vorgezeichnet, Grundsätze, welche sich
zusammenfassen lassen in die Aufrechterhaltung des territorialen status quo
sowie gleichzeitig Einführung zeitgemäßer Reformen zum Zweck der Schaffung
erträglicher Verhältnisse für die christlichen Bewohner der Türkei. Durch
das infolge der Bedenklichkeit Englands hervorgerufene Scheitern des Blo-
ckadevorschlages sind einerseits eine Befestigung des Widerstandes der Christen,
andererseits die rücksichtslosesten Repressionen der Türken zu befürchten,
wofür England sich der Verantwortlichkeit kaum gänzlich wird entziehen
können. So unberechtigt die Annahme ist, daß die Blockade eine türken-
freundliche Maßregel ist, ebenso unberechtigt ist die feindliche Haltung der
griechischen Presse gegen Oesterreich-Ungarn, welches von der bona üides
der griechischen Regierung vollkommen überzeugt ist und ihre schwierige
Lage gegen ein Vorgehen in Kreta zu würdigen weiß. Die Ereignisse
drängen nach vorwärts; wenn noch etwas geschehen soll, um ihnen Einhalt
zu thun, so muß es bald geschehen.
17. August. (Ungarn.) Der Zar schenkt den in seinem
Besitze befindlichen Säbel des Fürsten Georg Rakoczy dem ungari-
schen Nationalmuseum. Die gesamte ungarische Presse bringt warme
Dankesartikel und erkennt darin ein Zeichen der Sympathie des
Zaren für Ungarn.
27./29. August. (Wien.) Der Zar und die Zarin besuchen
den Kaiser Franz Josef.
2. September. (Pest.) Abgeordnetenhaus. Budget für 1897.
Der Staatsvoranschlag weist auf: ordentliche Ausgaben 441275181 fl.
(gegen das Vorjahr mehr 3888455 fl.), transitorische Ausgaben 80 13 952 fl.
(weniger 1433267), Investitionen 19051651 fl. (weniger 529270), außer-
ordentliche gemeinsame Ausgaben 6897 886 fl, (mehr 269579), insgesamt Aus-
gaben 475238 670 fl. (gegen das Vorjahr mehr 2195 497 fl.). Die ordentlichen
Einnahmen betragen 465 191 881 fl. (mehr 2195497), die transitorischen Ein-
nahmen 10 134424 fl. (weniger 285 874), zusammen 475326305 fl. (mehr
2261907), es ergibt sich somit ein Ueberschuß von 87 635 fl. (mehr 66 410).
Die Bilanz der ordentlichen Gebahrung ergibt bei 441275181 fl. ordentlichen
Ausgaben und 465 191881 fl. ordentlichen Einnahmen einen Ueberschuß
von 23916000 fl.
Mitte September. Die Politik Österreich-Ungarns in der
armenischen Frage (vgl. S. 108, Großbritannien, Türkei).
Das Wiener „Fremdenblatt“ bespricht die in englischen Blättern
aufgetauchten Gerüchte, daß die Mächte sich mit der Frage der Absetzung
des Sultans beschäftigen. „Obwohl in England nicht nur die Publizistik,
sondern, wie es scheint, auch die politische Welt viel radikalere Anschauungen
hat, als auf dem Kontinente in Geltung sind, so glauben wir doch nicht,
daß in ernsten, der englischen Regierung nahestehenden Kreisen so abenteuer-
liche Gedanken erwogen werden. Die englische Presse schiebt aber nicht
nur dem Londoner Kabinet, sondern auch den festländischen Mächten solche
Absichten unter, und damit wird sie wohl auch im größeren Publikum bei
niemandem Glauben gefunden haben. Jedermann weiß, wie nüchtern die
Kontinentalmächte die im Orient auftauchenden Fragen beurteilen, welche
Vorsicht sie bei jedem ihrer Schritte bekunden und wie wenig sie geeignet