Contents: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

30 Das Denitsche Reih und seine einzelnen Slieder. (Februar 13.) 
werben um die Gunst der Buren. Es ist in diesem Zusammenhange auch 
einmal das Wort „kokettieren“ gefallen; es werde dadurch ein mit der 
staatsrechtlichen Stellung der Republik nicht verträglicher Geist geschaffen. 
Ich bin der Ansicht, daß Sympathien der Völker sich nicht regulieren und 
nicht kontrollieren lassen. Wenn man aber weiter angedeutet hat, daß wir 
dort politischen Einfluß oder gar politische Präponderanz suchen, so bin 
ich der Ansicht, daß die beiden Vorwürfe sich gegenseitig ausschließen, denn 
ich wüßte kein sichereres Mittel, soweit ich die Buren kenne, mit dem wir 
bei ihnen alle Sympathien für Deutschland von Grund aus zerstören und 
ausrotten könnten, als eine Haltung unsererseits, die dort den Verdacht 
rege machen könnte, daß wir uns in ihre inneren Angelegenheiten mischen 
wollen, und daß wir ein moralisches oder ein rechtliches Protektorat er- 
streben. (Bravo! bei den Nationalliberalen und in der Mitte.) Daran 
denken wir nicht, dort so wenig wie anderwärts! Wir haben bei uns im 
Innern so manche Schwierigkeiten zu lösen (Heiterkeit), daß ich nicht wüßte, 
woher uns die Lust kommen sollte, auch noch die Verantwortlichkeit für die 
inneren Angelegenheiten anderer Staaten zu übernehmen. (Heiterkeit und 
Sehr gut!) Wir hoffen, daß die Reichsangehörigen, die sich dort nieder- 
gelassen haben, ein Element der Ordnung und Ruhe bilden, daß sie den 
Gesetzen des Landes gehorsam sind, dessen Gastfreundschaft sie genießen. 
Wenn wir dadurch und durch unseren Verkehr uns Sympathien im Aus- 
lande erwerben, so wird dadurch niemand verletzt, zumal es jedem freisteht, 
auf dem gleichen Wege das gleiche Ziel zu erreichen. (Sehr richtig!t) Wenn 
umgekehrt die Bestrebungen, von denen ich vorhin sprach, den gegenteiligen 
Effekt haben und weithin Mißtrauen hervorrufen, so sind nicht wir dafür 
verantwortlich, sondern die Urheber und Förderer jener Bestrebungen, von 
denen wir heute wissen, daß sie auch vor Gewalt nicht zurückschrecken. Und 
damit komme ich zum Zuge des Dr. Jameson. Es liegt mir fern, die sub- 
jektive Seite zu berühren; das wird von berufener Seite geschehen. Objektiv 
betrachtet, war jener Einfall ein völkerrechtswidriger Akt (sehr richtig rechts, 
bei den Nationalliberalen und in der Mitte), der auch unsere Interessen 
bedrohte und damit für uns das Recht und die Pflicht schuf, zu handeln. 
(Sehr richtigl) Wenn da behauptet wurde, daß Präsident Krüger unsere 
Intervention angerufen habe, so ist das ein Irrtum; mir ist davon nichts 
bekannt. Sofort nach Eingang der betreffenden Nachricht habe ich auf 
Weisung des Herrn Reichskanzlers mich an die englische Regierung mit der 
Anfrage gewandt, welche Maßregeln dieselbe zu ergreifen gedenke, um die 
Gefahren zu beschwören, die durch den Einfall des Dr. Jameson entstanden 
waren. Mit dieser Anfrage haben wir einmal unser Interesse gewahrt 
und gleichzeitig der Sonderstellung Englands Rechnung getragen. Die eng- 
lische Regierung hat uns in der bereitwilligsten Weise migeteilt, welche 
Maßregeln sie schon vorher getroffen hatte, um Dr. Jameson zur Rückkehr 
zu bewegen und Blutvergießen zu vermeiden, und ich muß in vollem Maße 
anerkennen, daß die englische Regierung von ihrer Seite aus mit aller 
Energie und Umsicht alle Schritte gethan hat, um dieses Ziel zu erreichen, 
und daß, wenn trotzdem Blutvergießen eintrat, die englische Regierung 
keinerlei Berantwortung treffen kann Wir haben dann einen weitern 
Schritt gethan. Nach den Berichten unseres Konsuls konnte darüber kein 
Zweifel bestehen, daß der Einfall des Dr. Jameson in Verbindung mit der 
Bewegung der sogenannten nationalen Partei in Johannesburg stand, daß 
jener Einfall das Signal zu einer revolutionären Bewegung in der ge- 
nannten Stadt sein sollte, wo man sich bereits mit Waffen versehen hatte. 
Wäre der Schlag gelungen, so standen zunächst anarchistische Zustände zu 
befürchten, und die Gefahr für die Deutschen war um so naheliegender und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.