Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreizehnter Jahrgang. 1897. (38)

232 Großbritannien. (Januar 18.—25.) 
man weiß, wie der Indier immer an der Grenze der Armut und des 
Hungers lebt, daß er immer von dem Ertrage der letzten Ernten abhängig 
ist, erkennt man leicht die Gefahr, in der auch noch diese letzten 6 Mill. 
Menschen sich befinden. Ein Drittel der großen Völkermasse, die in Vorder- 
indien unter dem Szepter der Königin von England lebt, für deren Leben 
die Regierung Englands verantwortlich ist, befindet sich teils in mittelbarer, 
teils in unmittelbarer Lebensgefahr. 
18. Januar. Die liberale Partei des Oberhauses wählt an 
Stelle des zurückgetretenen Rosebery (1896 S. 202) einstimmig Lord 
Kimberley zum Führer. 
19. Januar. (Oberhaus.) Lord Salisbury über die orien- 
talische und egyptische Frage und den Schiedsgerichtsvertrag mit 
Amerika. 
Im Laufe der Adreßdebatte erklärt Lord Salisbuyy, er könne 
nicht sagen, daß alle Mächte sich verpflichteten, einen Druck auf den Sultan 
zum Zwecke der Rettung des ottomanischen Reiches auszuüben, doch werde 
der dem Hause vorgelegte Schriftwechsel darthun, daß die Mächte überein- 
stimmten in Bezug auf die Notwendigkeit, gemeinschaftlich vorzugehen und 
Mittel zu finden, um das Reich des Sultans zu retten. Es sei möglich, 
daß ein entschiedener Druck zur Anwendung gelangen müsse; es beständen 
indessen geringe Verschiedenheiten in dem Wortlaute, in welchem die An- 
schauungen der einzelnen Mächte zum Ausdruck gelangten. Seine eigene 
Ueberzeugung gehe bestimmt dahin, daß, wenn nicht eine Reihe von wesent- 
lichen Reformen zur Annahme komme, der Untergang des türkischen Reiches 
nicht sehr lange hinausgeschoben werden könne. Alle Mächte seien über- 
zeugt, daß, wenn nicht allgemeine und wirksame Reformen in die gegen- 
wärtige maßlose Autokratie in der Türkei eingeführt würden, die schlimmsten 
Folgen sich ergeben müssen. Bezüglich der egyptischen Frage führt der 
Ministerpräsident aus, er könne nicht sagen, welches die militärischen Pläne 
im Sudan seien, weil dann der Khalif von den bestehenden Absichten 
Kenntnis haben würde; doch wiederhole er, was er im vorigen Sommer 
gesagt habe; „daß es nötig sei, Dongola zu besetzen, weil Dongola an der 
Straße nach Khartum liege.“ Mit Bezug auf den Schiedsgerichtsvertrag 
mit den Vereinigten Staaten von Amerika erklärt der Redner, er könne 
nicht sagen, daß der Vertrag jeden Krieg beseitigen werde, doch werde durch 
denselben die Gefahr eines Krieges vermindert. Er sage nicht, daß ein 
solcher Vertrag einen Napoleon oder einen Bismarck hemmen würde, doch 
werde er dazu beitragen, kleinere Streitpunkte zum Austrag zu bringen 
und richterlichen Schiedsspruch an die Stelle der rohen Entscheidung durch 
das Schwert zu setzen. 
25. Januar. (Unterhaus.) Balfour über die Währungs- 
frage und eine internationale Münzkonferenz. 
Field fragt bei der Regierung an, ob sie sich eintretenden Falles 
an einer Bewegung zu Gunsten einer internationalen Münzkonferenz be- 
teiligen würde, und ob, wenn die Bewegung zum Ziele führte, den Bime- 
tallisten ein angemessener Teil an der Vertretung Englands in der Kon- 
ferenz würde zugewiesen werden. Der Erste Lord des Schatzes Balfour 
erwidert, es bestehe keine Wahrscheinlichkeit, daß die Regierung die Initia- 
tive zu einer solchen Bewegung ergreifen werde, und es sei offenbar ver- 
früht, die Zusammensetzung einer Konferenz zu erörtern, die, soweit ihm 
bekannt, noch von keiner Seite vorgeschlagen sei.
	        
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