Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreizehnter Jahrgang. 1897. (38)

236 Großbritannien. (Februar 23.—März 2.) 
beziffert die Forderung für den moralischen oder ideellen Schaden auf im 
ganzen 1 Million Lstr. Die Transvaal-Regierung wünscht dabei zu be- 
merken, daß diese Entschädigungsforderung nicht die berechtigten Ansprüche 
einschließe, welche von Seiten einzelner Privatpersonen anläßlich des Vor- 
gehens Jamesons erhoben werden könnten. Auf die Anfrage Bowles, 
ob in der Forderung von 1 Million die beiden Gruppen des Entschädigungs- 
anspruches einbegriffen seien, erwidert Chamberlain, es wäre hier dem 
Zweifel etwas Raum gelassen, ob der moralische und ideelle Schaden auf 
322 061 Lstr. 16 Schilling und 9 Pence beziffert sei (Heiterkeit), so daß er 
mit dem materiellen Schaden zusammen 1 Million betrüge, oder ob er für 
sich allein auf 1 Million angesetzt sei. 
23. Februar. Die Regierung schickt eine Gesandtschaft an 
Negus Menelik unter Führung von Remell Rodd, dem Sekretär 
bei der englischen diplomatischen Vertretung in Kairo, um einen 
Brief der Königin Viktoria an Menelik zu überbringen. An der 
Gesandtschaft nimmt u. a. Lord E. Cecil, der Sohn Salisburys, teil. 
25. Februagr. (Oberhaus.) Salisbury über Englands 
Politik in der Kretafrage. 
Auf eine Anfrage Lord Dunravens verliest Lord Salisbury 
als die beste Art und Weise, das Haus in Kenntnis von der augenblick- 
lichen Sachlage zu setzen, ein gestern Abend an die vereinigten Mächte ab- 
gesandtes Telegramm, durch welches die Regierungen, bei denen England 
vertreten ist, in Kenntnis gesetzt werden, daß die englische Regierung fol- 
gende Darlegung der Politik zu machen sich vorgenommen habe, welche sie 
beabsichtige zu verfolgen, und von der sie glaube, daß sie sich im Einklang 
mit den Absichten ihrer Verbündeten befinde: Erstens, daß die Errichtung 
einer administrativen Autonomie in Kreta ihrer Ansicht nach die notwendige 
Bedingung für die Beendigung der internationalen Besetzung der Insel 
sei; zweitens, daß unter dieser Bedingung die Insel nach ihrer Meinung 
ein Teil des türkischen Reiches bleiben solle; drittens, daß sowohl die Türken 
als die Griechen durch die Mächte von diesem Entschluß in Kenntnis gesetzt 
werden sollen; viertens, daß, falls die Türkei oder Griechenland, wenn es 
gefordert werde, sich weigern sollten, ihre Land= und Seestreitkräfte aus der 
Insel zurückzuziehen, die Mächte ihren Beschluß durch Anwendung von 
Gewalt den sich in dieser Weise weigernden Staaten gegenüber zur Geltung 
bringen sollten. 
Die öffentliche Meinung beschäftigt sich äußerst lebhaft mit der 
orientalischen Frage. Es werden viele Versammlungen zu Gunsten Griechen- 
lands abgehalten unter Teilnahme oppositioneller Abgeordneter, wo gegen 
die Verwendung der englischen Flotte zur Unterdrückung der kretischen Frei- 
heit protestiert wird. Es werden auch Geldsammlungen für die Griechen 
veranstaltet. Die oppositionelle Presse verurteilt scharf die Regierungs- 
politik und feuert Griechenland zum Widerstande an, die konservativen 
und unionistischen. Blätter motivieren die Politik der Regierung mit der 
Notwendigkeit, daß England im europäischen Konzert bleiben müsse. 
2. März. (Unterhaus.) Balfour über die kretische Auto- 
nomie. 
Auf eine Rede Sir W. Harcourts, der unbedingte Beseitigung 
der türkischen Herrschaft auf Kreta fordert, erwidert Balfour: Das 
europäische Konzert müsse langsam wirken; wenn England sich von dem-
	        
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