256 Frankreich. (März 2.—15.)
sorge und den vom Blute der Armenier triefenden Sultan schütze. Diese
Eelctrr behaupten, es bestehe ein enges Bündnis zwischen Deutschland und
er Pforte.
2. März. (Mentone.) Ankunft des Kaisers von Österreich
Zusammenkunft mit Felix Faure.
11. März. (Noisy-le-Sec.) Die Königin von England
reist durch Frankreich nach der Riviera und hat auf dem Bahn-
hofe von Noisy-le-Sec eine Zusammenkunft mit Faure.
15. März. (Deputiertenkammer.) Debatte über die
orientalische Lage. Hanotaux über die Blokade Kretas.
Goblet (radikal) interpelliert die Regierung über die kretische
Angelegenheit: Er führt aus, Frankreich dürfe seiner Meinung nach nicht
an einem Zwangsakte gegen Griechenland teilnehmen, welches für die Er-
eignisse nicht verantwortlich sei. Frankreichs Rolle sei es, Griechenland zu
stützen, denn Frankreich könne seine Traditionen nicht verleugnen; dies
wäre ein freiwilliger Verzicht auf seine eigenen Rückforderungsansprüche.
Eine Blokade würde das Signal zum Kriege an der griechischen Grenze
und vielleicht zu einem Weltbrande sein. Frankreich habe bei einer Teilung
der Türkei nichts in Anspruch zu nehmen. Man sage, wenn Frankreich
sich vom europäischen Konzert zurückziehe, so würden die anderen Mächte
sofort die Freiheit des Handelns wiedergewinnen; Frankreich habe sich aber
schon einmal, nämlich im Jahre 1886, ohne daß sich Uebelstände ergeben.
hätten, in einem gleichen Falle zurückgezogen. Frankreich habe im Orient
nichts zu thun. Frankreich könne es ablehnen, nach Kreta zu gehen, ohne
an der Allianz mit Rußland zu rühren, deren Aufrechterhaltung der Redner
wünscht. Diese Allianz verpflichte jedoch Fraukreich keineswegs, an einer
Expedition teilzunehmen, bei der es keinerlei Interesse habe. (Beifall links.)
Delafosse (Rechte) ist der Meinung, das europäische Konzert bilde eine
unschätzbare Wohlthat. Die Politik der Enthaltung habe Frankreich in
der egyptischen Angekegenheit geschadet. Redner beklagt es, daß Europa
den Grundsatz der Integrität des türkischen Reiches aufrecht halten wolle;
er schließt, indem er die Einberufung einer europäischen Konferenz befür-
wortet.
Minister des Auswärtigen Hanotaux: Er erinnere zunächst daran,
daß die Kammer am 22. Februar eine Politik gutgeheißen habe, welche
sich in die Formel zusammenfassen läßt: Erhaltung des Friedens durch
das europäische Konzert und Antonomie Kretas. Die Regierung verlange
von der Kammer, daß sie eben dieselbe Politik heute gutheiße. Griechen-
land sei bereit, seine Flotte zurückzuziehen, weigere sich aber, die Truppen des
Obersten Vassos zurückzuberufen, und fordere, daß die Kreter selbst sich durch
ein Plebiszit über das Schicksal der Insel aussprechen sollen. Unter dem diplo-
matischen Gesichtspunkte sei die Erörterung eine beschränkte. Die Annahme des
Rückzugs der Flotte durch Griechenland, sowie das Versprechen einer Autonomie
hätten den Streitfall vereinfacht. Eben deshalb seien die Mächte einmütig, zu
glauben, daß die Beibehaltung der Truppen des Vassos auf Kreta einer jeden
Verbesserung der Lage hinderlich sei. Die Mächte hätten alle Veranstaltungen
getroffen, um eine weitere Hinausschiebung der notwendigen Entscheidung zu
verhindern. Dabei habe die französische Regierung dem Parlament volle Frei-
heit vorbehalten. Ueber nachfolgende Punkte sei Uebereinstimmung herbei-
geführt: Autonomie der Insel unter der Oberherrlichkeit des Sultans, Zurück-
ziehung der griechischen Truppen, Zurückziehung der türkischen Truppen mit