Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreizehnter Jahrgang. 1897. (38)

278 IStalien. (Oktober—November 30.) 
Oktober. November. Debatte über den Dreibund. Auf- 
fassung Robilants. 
In der „Nuova Antologia" tadelt A. Frassati die Erneue- 
rungen des Dreibundes, da Italien dabei nichts für seine Mittelmeerinter- 
essen gewonnen hätte. Auch der Minister Robilant habe 1886 die Lage 
ebenso aufgefaßt. Als damals der italienische Gesandte in Berlin, de Launay, 
wünschte, daß von Rom aus die Erneuerung des Dreibundes angeregt 
werde, und den Minister des Auswärtigen bat, sich zu diesem Zwecke im 
Sommer 1886 in Gastein einzufinden, wo außer Kaiser Wilhelm I. und 
Bismarck wohl auch Kaiser Franz Josef und Kalnoky sein würden, ant- 
wortete ihm Robilant: Italien sei dieses unfruchtbaren Bündnisses ent- 
schieden müde, und er selbst fühle es tief, qu'elle sera toujour improduc- 
tive pour nous. Wenn der Reichskanzler in Verhandlungen bezüglich der 
Erneuerung treten wolle, so möge er selbst den ersten Schritt thun, aber 
es sei kaum denkbar, daß Italien sich nochmals binde. Er (Robilant) 
werde fortfahren, an der Erhaltung des Friedens zu arbeiten. Als darauf 
im Augnst 1886 der deutsche Botschafter in Rom, Baron Keudell, die Er- 
neuerung des Dreibunds zur Sprache brachte, antwortete ihm Robilant, 
daß er ihn unverändert nicht erneuern werde, und deutete zugleich diejenigen 
Aenderungen an, die er im italienischen Interesse für unumgänglich halte. 
Frassati teilt nicht mit, welches die Verbesserungen am Dreibundsvertrag 
waren, die schließlich doch den Minister Robilant bewogen, in seine Er- 
neuerung zu willigen, aber er hebt als wesentlich hervor, daß Robilant 
zuvor — als conditio sine qua non — ein Abkommen mit England be- 
züglich des Schutzes der italienischen Interessen im Mittelmeer schloß. 
Der „Corriera della Sera“ bemerkt dazu: Leider könnte der 
Unbefangene Leser zur Ansicht neigen, Robilant sei ein Gegner des Drei- 
bundes gewesen oder habe nur ungern in seine Erneuerung gewilligt. Das 
sei keineswegs der Fall gewesen. Vielmehr habe Robilant im Gegensatze 
zu dem für die Tripelallianz übermäßig begeisterten Botschafter de Launay 
lediglich bezwecken wollen, daß nicht Italien, sondern Deutschland auf eine 
Verlängerung des Vertrages dringe, und daß die Bedingungen für Italien 
bessere seien. Beides habe Robilant auch erreicht. Als der Allianzvertrag 
im Sinne Robilants unterzeichnet war, da freute sich Robilant darüber 
wie über eine gewonnene Schlacht, und bei seinem bald darauf erfolgenden 
Ausscheiden aus dem Amte konnte er zu Freunden sagen: „Ich lasse Italien 
in einem eisernen Faß, so daß niemand seiner Würde zu nahe treten kann.“ 
Die „Italie" sagt: Wenn Fürst Bismarck als praktischerer Geist 
den Eigensinn Robilants durch sein Entgegenkommen nicht gebrochen hätte, 
wäre es vermutlich zu einem für Italien verhängnisvollen Kriege ge- 
ommen. 
6. November. (Monza.) Der König empfängt den Besuch 
des österreichisch-ungarischen Ministers des Auswärtigen Grafen 
Goluchowski. An der Zusammenkunft nehmen die Minister di 
Rudini und Visconti Venosta teil. 
30. November. (Deputiertenkammer.) Der Kriegs- 
minister Pelloux legt einen Gesetzentwurf über die außerordentlichen 
Ausgaben für das Ouinquennium 1. Juli 1898 bis 1903 vor. 
Die für das genannte OQuinquennium neu geforderten Aufwendungen 
belaufen sich total auf 74 215 000 Lire, also jährlich auf 14 843 000 Lire.
	        
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