Mußland. (April 27.—Juni 14.) 295
Panzerschiffe „Sessoi Weliky“ werden 15 Mann (darunter 9 Offi-
ziere) getötet und 15 Mann verwundet.
27. bis 29. April. Besuch des Kaisers von Osterreich in
Petersburg.
Bei dem Prunkmahle werden folgende Toaste gewechselt: Kaiser
Nikolaus sagt: „Glücklich über die Anwesenheit Ew. Majestät unter Uns,
ist es Mir ein Bedürfnis, Ihnen für diesen neuen Beweis der aufrichtigen
Freundschaft, die uns umschließt, zu danken. Diese Freundschaft ist be-
festigt durch eine Gemeinsamkeit der Ansichten und der Grundsätze, welche
bezweckt, unsern Völkern die Wohlthaten des Friedens zu sichern. Ew.
Majestät kennen die herzlichen Gefühle, von denen Ich für Sie beseelt bin,
und den ganz besonderen Wert, welchen Ich auf eine vollkommene Solidari-
tät unter uns lege. Im Hinblick auf das erhabene Ziel, das wir ver-
folgen, trinke ich auf die Gesundheit Ew. Majestät, Ihrer Majestät der
Kaiserin und der ganzen Kaiserlichen Familie."“
Kaiser Franz Josef antwortet mit folgendem Trinkspruch: „Tief
gerührt von dem herzlichen und innigen Empfange, den Ew. Majestät
Mir zu bereiten die Güte hatten, und von den vielfachen Aufmerksamkeiten,
von denen Ich seit dem Augenblicke, da Ich die Grenzen Ihrer Staaten
überschritten hatte, umgeben worden bin, liegt es Mir ganz besonders am
Herzen, Ew. Majestät dafür Meinen lebhaftesten und aufrichtigsten Dank
auszusprechen. Ich sehe darin gern einen neuen Beweis der engen Freund-
schaft, die uns umschlingt und die, gestützt auf die Gefühle gegenseitiger
Achtung und Loyalität, für unsere Völker eine feste und sichere Bürgschaft
des Friedens und des Wohlstandes bildet. Unerschütterlich dem Siege
dieser Sache hingegeben, werde Ich Mich stets glücklich schätzen, zu diesem
Zwecke auf die kostbare Mitwirkung Ew. Mcjestät rechnen zu dürfen, und
in der Ueberzeugung, daß der Erfolg unseren gemeinsamen Anstrengungen
gesichert ist, trinke Ich auf die Gesundheit Ew. Mjestät und der kaiser-
lichen Familie."
29. April. Gemeinsame österreichisch-russische Noten an die
Balkanstaaten.
Graf Goluchowski, der den Kaiser Franz Josef nach Petersburg
begleitet hat, und Graf Murawiew richten aus Petersburg identische Noten
an die russischen bezw. österreichisch-ungarischen Vertretungen in Belgrad,
Sofia, Bukarest und Cetinje des Inhalts, daß der zwischen dem Kaiser
von Rußland und dem Kaiser von Oesterreich stattgehabte Gedankenaustausch
beiden Souveränen Gelegenheit bot, mit Befriedigung die korrekte Haltung
festzustellen, welche die Regierungen Serbiens, Bulgariens, Rumäniens
und Montenegros in der gegenwärtigen Phase in der europäischen Türkeie
bewahren. Diese Haltung entspreche umsomehr den Wünschen beider
Souveräne, als letztere fest entschlossen sind, den allgemeinen Frieden, das
Prinzip der Ordnung und den status quo aufrecht zu erhalten.
10. Juni. (Petersburg.) Die Kaiserin wird von einer
Prinzessin entbunden.
14. Juni. Der Kaiser genehmigt ein Gesetz über die Dauer
und Verteilung der Arbeitszeit in den Fabriken und der Berg-
industrie. Es setzt Sonntagsruhe und Maximalarbeitstag von
111 Stunden für Männer fest.