306 Tũrkei. (Juni 4. —August 18.)
Kriegsentschädigung und Abstellung einiger Mißbräuche in den
Kapitulationen an.
4. Juni. (Konstantinopel.) Beginn der Friedensunter-
handlungen, nachdem die Pforte für die Dauer der Verhandlungen
einen Waffenstillstand zugestanden hat.
Juli. Notenwechsel zwischen dem Sultan und den europäi-
schen Souveränen. Telegramm des Kaisers von Österreich.
Der Sultan wendet sich an den Kaiser Franz Joseph um Unter-
stützung seiner Ansprüche in der Grenzfrage. Der Kaiser antwortet: „Die
aufrichtige und loyale Freundschaft, die ich für Ew. Majestät hege und
auf welche Ew. Majestät sich unter den gegenwärtigen Umständen mit Recht
berufen, macht es mir zur Pflicht, Ew. Majestät in Ihrem eigenen Inter-
esse und im Intereffe Ihres Reiches den baldigen Abschluß des Friedens
mit Griechenland auf der Grundlage der von den Botschaftern in Kon-
stantinopel formulierten Bedingungen anzuraten. Die von der Kommission
der Militärattachés vorgeschlagene Grenzlinie entspricht dem Prinzip der
strategischen Grenzberichtigung, welches von vornherein von Ew. Majestät
angenommen war und bildet mit den übrigen Friedensbedingungen das
Maximum der Zugeständnisse, welche von dem Konzert der Großmächte,
das, fest und einig in seinen Entschlüssen, vor allem darauf hält, eine
Sachlage zu schaffen, die Europa solide Bürgschaften des Friedens und der
Ruhe bietet, als billig anerkannt werden. Ich bitte deshalb Ew. Majestät,
meine Ratschläge ernstlich in Erwägung zu ziehen, und ergreife die Ge-
legenheit, an Ew. Majestät den Ausdruck meiner Hochachtuug und auf-
richtigen Freundschaft zu wiederholen“ (9. Juli). Auch die übrigen Staats-
oberhäupter, an die sich der Sultan mit der gleichen Bitte wendet, geben
dieselben Ratschläge. — Der Sultan nimmt am 22. Juli die Bedingungen
der Botschafter an.
Anf. August. Die türkische Regierung will ein Geschwader
nach Kreta senden, gibt die Absicht jedoch auf, da die europäischen
Admirale entschieden Widerspruch dagegen erheben.
9. bis 11. August. Aufenthalt des Fürsten Ferdinand von
Bulgarien in Konstantinopel. Er verleiht dem Sultan den
Alexander-Orden; die türkische Regierung verbietet den Blättern,
davon Mitteilung zu machen.
18. August. Bombenanschläge in Konstantinopel.
August. September. (Kreta.) Aufhebung der Blokade.
Unruhen.
Ein Teil der Aufständischen erklärt sich bereit, die von den Groß-
mächten angebotene Autonomie der Insel anzuerkennen. Die Blockade wird
am 10. September aufgehoben. Die Ruhe ist jedoch noch nicht wiederher-
gestellt, es finden fortgesetzt Ausschreitungen statt, und ein Teil der Christen
beharrt im Aufstande. Die türkische Regierung schlägt in einem Rund-
schreiben an ihre Vertreter im Auslande vor, die Christen und Muham-
medaner durch türkische Truppen, deren Anzahl zu vermehren wäre, unter
Mitwirkung der internationalen Truppen, sämtlich unter dem Kommando
eines europäischen Generals in türkischen Diensten zu entwaffnen; ferner