Tũrkei. (September 8. — 18.) 307
die Ernennung eines geeigneten Gouverneurs durch den Sultan und schließ-
lich die Bildung einer Gendarmerietruppe.
3. September. Der Sultan gewährt aus Anlaß seines
20 jährigen Regierungsjubiläums den verurteilten Jungtürken eine
Amnestie.
18. September. (Konstantinopel.) Unterzeichnung des
Vorfriedens zwischen Türkei und Griechenland.
In der Hauptsache werden folgende Bedingungen zwischen den Ver-
tretern der Mächte und Tepik Pascha festgesetzt:
Art. 1. Die Grenze wird nach der auf einer beiliegenden Karte und
dem begleitenden Text eingezeichneten Trace geändert. Leichtere Aenderungen
nach militärischen Gesichtspunkten zu Gunsten der Kaiserlichen Regierung
sind der gemeinsamen Entscheidung an Ort und Stelle vorbehalten. Art. II.
Griechenland wird der Türkei eine Kriegsentschädigung von 4 Millionen
türkischer Pfund zahlen. Die nötigen Anordnungen zur Erleichterung
schleuniger Zahlung dieser Entschädigung werden mit Zustimmung der
Mächte in solcher Weise getroffen, daß sie nicht die anerkannten Rechte der
alten Gläubiger, der Obligationsinhaber der griechischen Staatsschuld,
schädigen. Zu diesem Zwecke wird in Athen ein internationaler Ausschuß,
zusammengesetzt aus Vertretern der vermittelnden Mächte, je einer für jede
Macht, begründet werden. Die griechische Regierung wird für die Annahme
eines vorher von den Mächten genehmigten Gesetzes Sorge tragen, das den
Geschäftsgang dieses Ausschusses ordnet, und unter dem die Erhebung und
Verwendung ausreichender Einnahmen für den Dienst der Kriegsentschädi-
gungs-Anleihe und der sonstigen Staatsschulden der unbedingten Kontrolle
des genannten Ausschusses unterstellt wird. Art. III. Die Privilegien, Im-
munitäten, welche die Unterthanen in der Türkei vor dem Kriege genossen,
bleiben aufrecht. Zugleich werden zwischen der Pforte und Griechenland
Vereinbarungen getroffen, um die Handhabung der Justiz zu wahren und die
Interessen der ottomanischen und der fremden Unterthanen sichern zu können.
Art. IV. Vierzehn Tage nach der Ratifikation gegenwärtigen Aktes, oder
noch früher, werden griechische Unterhändler, auegerüstet mit den nötigen
Vollmachten, in Konstantinopel eintreffen, um mit den ottomanischen Be-
vollmächtigten die Bestimmungen des definitiven Friedens zu vereinbaren.
Dieser Friede wird auf Basis des gegenwärtigen Vertrages geschlossen werden
und wird unter anderen Klauseln Bestimmungen über den Austausch der
Gefangenen, eine allgemeine Amnestie, die freie Auswanderung der Be-
wohner der abgetretenen Gebiete, Maßregeln zur Unterdrückung des Räuber-
unwesens, sowie bezüglich der Ersatzleistungen für die durch die Kriegs-
ereignisse verursachteu Schäden enthalten. Art. V. Gleichzeitig werden Unter-
handlungen eingeleitet, um binnen 3 Monaten nachfolgende Vereinbarungen
zu treffen: a) eine Konvention, welche die Staatsbürgerschaftsfrage regelt
auf Grund des im Jahre 1876 zwischen der Türkei und Griechenland ver-
einbarten Entwurfes; b) eine Konvention, welche die Beziehungen zwischen
den griechischen Konsulaten und den ottomanischen administrativen Gerichts-
behörden regelt unter den durch Art. III vorgesehenen Bedingungen; c# eine
Konvention, bezüglich der Vergehen gegen das gemeine Recht, begangen auf
dem Gebiete des einen oder des anderen der beiden Staaten gegen Unter-
thanen, welche sich auf das Gebiet des anderen Staates geflüchtet haben.
Art. VI. Der Kriegszustand zwischen der Türkei und Griechenland wird
aufhören, sobald die Vorfriedens-Urkunde unterzeichnet sein wird. Die
Räumung Thessaliens wird in Monatsfrist nach dem Zeitpunkte eintreten,
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