Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreizehnter Jahrgang. 1897. (38)

Orient- 
krifis. 
Kreta. 
übersicht 
der politischen Euntwichelung des Jahres 1897. 
Seit den armenischen Unruhen im Jahre 1894 hat der Orient 
fortgesetzt die europäische Politik beschäftigt. Nach den armenischen 
waren es bald macedonische, bald kretische Aufstände, die das Ein- 
schreiten der Mächte verlangten, da die Pforte die Zwistigkeiten 
unter ihren Unterthanen aus eigener Kraft weder beseitigen konnte 
noch wollte. Das einzige Abhilfemittel, das sie kannte, die Unter- 
drückung der Revolutionen mit Gewalt, anstatt ihre Ursachen durch 
Erlaß von Reformen auszurotten, hatte sich nirgends als aus- 
reichend erwiesen. Die Großmächte konnten die übel von Grund 
aus ebenfalls nicht beseitigen, aber immerhin die Lage der Christen 
in der Türkei etwas verbessern; so erzwangen sie nach den Armenier- 
kämpfen im Jahre 1896 den Erlaß einer allgemeinen Amnestie, 
eine schärfere überwachung des türkischen Pöbels und die Absetzung 
der am meisten kompromittierten Beamten, und in Kreta hofften 
sie durch Einführung einer weitgehenden administrativen Selbständig- 
keit und Erfüllung einer Anzahl christlicher Forderungen den 
Bürgerkrieg zwischen Muhamedanern und Christen zu beenden. 
Um die Durchführung der Reform auch wirklich zu sichern und ihr 
das Vertrauen der Christen zu gewinnen, wurden europäische Kom- 
missare mit ihrer Ausführung betraut. (1896 S. 276, 333.) 
Die Bemühungen waren vergeblich; fast unter den Augen
	        
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