Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechzehnter Jahrgang. 1900. (41)

98 Das NBeurische Reich und seine einzelnen Glieder. (Juli 3.) 
todesmutig ist, wie Ihr. Von europäischen Offizieren ausgebildet, haben 
die Chinesen die europäischen Waffen brauchen gelernt. Gott sei Dank, 
haben Euere Kameraden von der Marine-Infanterie und Meiner Marine, 
wo sie mit ihnen zusammengekommen find, den alten deutschen Waffenruf 
bekräftigt und bewährt und mit Ruhm und Sieg sich verteidigt und ihre 
Aufgaben gelöst. So sende Ich Euch nun hinaus, um das Unrecht zu 
rächen. und Ich werde nicht eher ruhen, als bis die deutschen Fahnen ver- 
eint mit denen der anderen Mächte fiegreich über den chinesischen wehen, 
und auf den Mauern Pekings aufgepflanzt, den Chinesen den Frieden 
diktieren. Ihr habt gute Kameradschaft zu halten mit allen Truppen, mit 
denen Ihr dort zusammenkommt. Russen, Engländer, Franzosen, wer es 
auch sei, sie fechten alle für die eine Sache, für die Civilisation. Wir 
denken auch noch an etwas Höheres, an unsere Religion und die Ver- 
teidigung und den Schutz unserer Brüder da draußen, welche zum Teil 
mit ihrem Leben für ihren Heiland eingetreten sind. Denkt auch an unsere 
Waffenehre, denkt an diejenigen, die vor Euch gefochten haben, und zieht 
hinaus mit dem alten Brandenburgischen Fahnenspruch: „Vertrau auf 
Gott, Dich tapfer wehr', daraus besteht Dein ganze Ehr'! Denn wer's 
auf Gott herzhaftig wagt, wird nimmer aus der Welt gejagt.“ Die 
Fahnen, die hier über Euch wehen, gehen zum erstenmal ins Feuer, daß 
Ihr Mir dieselben rein und fleckenlos und ohne Makel zurückbringt! 
Mein Dank und Mein Interesse, Meine Gebete und Meine Fürsorge werden 
Euch nicht verlassen, mit ihnen werde Ich Euch begleiten. 
3. Juli. (Wilhelmshaven.) Prinz Rupprecht von Bayern 
nimmt am Stapellauf eines Linienschiffes teil und tauft es auf 
den Namen „Wittelsbach". Beim Diner bringt er einen Toast 
auf den Kaiser aus, der Kaiser erwidert: 
Euerer königlichen Hoheit danke Ich für die freundlichen Worte, 
welche Sie an Mich zu richten die Güte hatten. Euere königliche Hoheit 
haben heute bei der Taufe des neuen Schiffs die Unterstützung erwähnt, 
welche die Wittelsbacher dem Deutschen Kaiser zu teil werden ließen. Ich 
möchte dabei noch an eine Episode aus der Vorgeschichte unfrer Häuser 
erinnern. Auf den Gefilden vor Rom war es einem Vorfahren Euerer 
königlichen Hoheit im Verein mit einem der Meinigen beschieden, der sel- 
tenen Auszeichnung teilhaftig zu werden, hoch zu Roß, in Stahl gepanzert, 
angesichts der feindlichen Reitergeschwader durch Kaiser Heinrich VII. den 
Ritterschlag zu erhalten. Dieser Vorgang ist im Bilde auf der acht 
„Hohenzollern“ verewigt. Die Nachkommen jener tapferen Fürsten halfen 
sich gegenseitig bei Mühldorf, wo der Hohenzollern dem Kaiser Ludwig 
dem Bayern die Schlacht gewann. Wie damals Wittelsbacher und Hohen- 
zollern Seite an Seite für das Wohl des Reiches kämpften, so wird es 
auch jetzt und in Zukunft geschehen. Euere königliche Hoheit hatten in 
diesen Tagen Gelegenheit, wichtigen Entschlüssen beizuwohnen und Zeuge 
historischer Augenblicke zu sein, die einen Markstein in der Geschichte Unfres 
Volkes bedeuten. Euere königliche Hoheit konnten sich überzeugen, wie 
mächtig der Wellenschlag des Ozeans an Unfres Volkes Thore klopft und 
es zwingt, als großes Bolk seinen Platz in der Welt zu behaupten, mit 
einem Wort: zur Weltpolitik. Der Ozean ist unentbehrlich für Deutsch- 
lands Größe; aber der Ozean beweist auch, daß auf ihm und in der Ferne 
jenseit von ihm ohne Deutschland, ohne den Deutschen Kaiser keine große 
Entscheidung mehr fallen darf. Ich bin nicht der Meinung, daß Unser 
deutsches Volk vor 30 Jahren unter der Führung seiner Fürsten gesiegt 
 
	        
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