Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechzehnter Jahrgang. 1900. (41)

268 Raffland. (Januar Ende. Februar Anf.) 
welches glaubte, durch Kulturarbeit seine Pflichten gegen das rufsfische 
Reich am besten zu erfüllen. Der Sprecher des Bauernstandes führt aus, 
die Auswanderung rühre von den drückenden Verhältnissen her. Der 
Bauernstand könne die übernommene Verdoppelung der Militärlasten nur 
bei freien gesellschaftlichen Institutionen ertragen. 
Ende Januar. Abschluß eines russisch-persischen Anleihe- 
vertrages. 
Auf das Ansuchen der perfischen Regierung gestattet die ruffische 
Regierung der von Russen geleiteten „Darlehensbank Persiens“ die von der 
perfsischen Regierung zu emittierende Anleihe im Betrag von 22½ Millionen 
Rubel unter dem Namen „Persische 5 prozentige Goldanleihe vom Jahre 
1900“ zu kaufen. Auf Grund dieser Erlaubnis hat die Verwaltung der 
„Darlehensbank“ mit dem Bevollmächtigten des Schahs von Persien einen 
Vertrag über den Kauf der oben bezeichneten Anleihe unter folgenden Be- 
dingungen abgeschlossen: Die Zinszahlung und Amortisation der Perfischen 
5 prozentigen Goldanleihe vom Jahre 1900 im Laufe von 75 Jahren wird 
durch alle persischen Zolleinnahmen garantiert, mit Ausnahme des Boll- 
amtes Fars und der Zollämter in den Häfen des Perfischen Golfs. Die 
bezeichneten Einkünfte übersteigen gegenwärtig bedeutend den Umfang der 
für die Anleihe zu entrichtenden Zahlungen. Sollte dennoch bei der Ent- 
richtung der Zahlungen für die Anleihe eine Verzögerung eintreten, so 
wird der „Darlehensbank Persiens“ das Recht eingeräumt, eine Kontrolle 
über die Zollämter auszuüben, durch deren Einkünfte die erwähnte Anleihe 
garantiert wird. Die persische Regierung verpflichtet sich, aus dem Ertrage 
der 5 prozentigen Goldanleihe alle ihre früheren auswärtigen Verpflichtungen 
zu tilgen und ohne Einwilligung der „Darlehensbank Persien“ keine aus- 
wärtige Anleihe vor der Amortisation der 5prozentigen Goldanleihe abzu- 
schließen. Die persische Regierung stellt es ferner der „Darlehensbank 
Persiens“ anheim, falls sie es für notwendig findet, Obligationen der 
Persischen Anleihe im Umfang der bei der Bank restierenden Schuld auf 
den Geldmarkt zu bringen, wobei die Obligationen die volle Garantie der 
russischen Regierung genießen sollen. 
Dieser Bertrag wird in Rußland mit Genugthuung begrüßt und 
als Beginn einer friedlichen Eroberung Persiens bezeichnet. So sagt die 
„Turkest. Wedomosti“: „Die russische Regierung ist bereits zur Tracierung 
und zur Erbauung der Eisenbahn Tschulfo-Tabris-Hamadan (Zweigbahn 
nach Teheran)-Ispahan-Kerman-Bender-Abbas geschritten. Die Tracierung 
wird unter der Aufsicht von Generalstabsoffizieren mit Hilfe von Kosaken- 
abteilungen vorgenommen. Die Beendigung des Bahnbaues wird im 
Jahre 1903/1904 erwartet. Die Richtung dieser Magistrallinie ist von 
Rußland sehr glücklich gewählt, da fie diejenigen Punkte des Landes be- 
rührt, welche nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in strategischer 
Beziehung die wichtigsten sind. In Persien und Kleinasien verfolgt Ruß- 
land den Zweck, einen Zugang zu den südlichen Gewässern zu erhalten 
und die Handelswege nach Indien und nach dem Osten zu beherrschen; 
zu gleicher Zeit enthält es sich aber alles dessen, was zur Stärkung der 
Türkei dienen könnte. Rußland wird daher natürlicherweise niemals selbst 
die Bahn zur Mündung des Euphrat und Tigris oder nach Buschir bauen, 
sondern seine Linie nach Bender-Abbas, als dem politischen, kommerziellen 
und strategischen Knotenpunkt führen.“ 
Anfang Februar. Die Regierung beschließt, widerspenstige 
Studenten auf mehrere Jahre ins Heer einzustellen. 
 
	        
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