Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechzehnter Jahrgang. 1900. (41)

Rußland. (Februar 14. — Marz 20.) 269 
14. Februar. (Helsingfors.) Es wird folgendes kaiserliche 
Reskript an den Gouverneur von Finnland veröffentlicht: 
Bei der am 18. Mai vorigen Jahres erfolgten Schließung des 
außerordentlichen Landtages berichteten Mir die Vertreter der Stände über 
die durch die bevorstehende Reorganisation des Militärwesens im Groß- 
fürstentum Finnland und die Veröffentlichung des Manifestes vom 3. Fe- 
bruar vorigen Jahres hervorgerufene erregte Stimmung. Zu Meinem 
Bedauern ersehe Ich aus den Reden des Landmarschalls und der Talmänner, 
daß die Vertreter der Stände nicht von dem allgemein staatlichen Nutzen 
dieser Maßnahmen überzeugt sind und sich über dieselben unpassende Aus- 
stellungen erlaubt haben. Ich beauftrage Sie, zur allgemeinen Kenntnis 
zu bringen, daß diese Ausstellungen unrichtig sind und der seit Anfang 
des 19. Jahrhunderts bestehenden Sachlage, nach welcher Finnland einen 
integrierenden unabtrennbaren Teil Rußlands bildet, nicht entsprechen. 
Ich wünsche ferner, daß dem finnländischen Volk bekannt gemacht werde, 
daß Ich, als Ich bei der Thronbesteigung die heilige Pflicht übernahm, 
für das Wohl aller der russischen Krone unterstehenden Völkerschaften zu 
sorgen, es für gut erkannte, für Finnland die von Meinen Vorfahren ge- 
schenkte besondere Ordnung der inneren Gesetzgebung zu bewahren. Als 
eine Erbschaft der Vergangenheit übernahm Ich gleichzeitig die Festsetzung 
der Beziehungen des Großfürstentums zum russischen Reich durch ein posi- 
tives Gesetz.. JIch erwarte von Ihnen energisches Handeln, wodurch 
in der Bevölkerung Finnlands die Erkenntnis der wahren Bedeutung der 
zur Stärkung der Bande zwischen dem Reich und dem Großfürstentum er- 
griffenen Maßnahmen befestigt werden möge, und wünsche, daß die tren 
unterthänige Ergebenheit des finnischen Volkes, an der Ich nicht zweifle, 
durch die That bewiesen werde und Ihnen die Erfüllung Meiner An- 
weisungen erleichtere. 
21. Februar. Die russische Regierung überführt 5 Millionen 
Gold nach London zur Deckung der 1892 von Persien in England 
gemachten Anleihe von 10 Millionen Mark. Die von Persien an 
die englische Bank verpfändeten Zölle werden dadurch frei. 
Ende Februar. Rußland schließt mit dem Emir von Buchara 
einen Vertrag, wonach Rußland am Oberlauf des Amu Darja 
Ländereien zur Begründung von russischen Ansiedelungen und zur 
Errichtung von Militärposten überwiesen erhält. 
8. März. Verlängerung der Konzession der indo-europäischen 
Telegraphengesellschaft. 
Der „Regierungsbote" teilt mit, daß die am 31. Januar 1905 ab- 
laufende Konzession der indo-europäischen Telegraphengesellschaft auf 20 Jahre 
verlängert wurde. Dafür hat sich die Gesellschaft verpflichtet, für die 
indischen und hinterindischen Telegramme, die ausschließlich auf der von 
ihr betriebenen Linie befördert werden, der Regierung 17½ Prozent statt 
der bisherigen 10 Prozent zu zahlen. Ferner verpflichtet sich die Gesell- 
schaft für den Fall irgendwelcher politischer Komplikationen ihre innerhalb 
der russischen Grenze befindlichen Linien auf die erste Aufforderung hin 
der russischen Regierung zur vollen Disposition zu stellen. 
20. März. Abschluß der Eisenbahnverhandlungen mit der 
Pforte. 
  
 
	        
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