270 Bußland. (März Ende —pril 6.)
Seit Monaten schweben Verhandlungen zwischen Rußland und der
Pforte über die Erteilung von Eisenbahnkonzessionen in Kleinasfien. Am
20. März erhält der russische Botschafter in Konstantinopel ein Irade,
worin die Pforte verspricht, die russischen Konzessionäre zu bevorzugen,
wenn sie die Eisenbahnbauten zur russischen Grenze und zur Küste des
Schwarzen Meeres nicht mit eigenem Kapital baut und sie nicht selbst
exploitiert. Das Vorzugsrecht soll sich auf die Vilajets Wan, Erzerum,
Trapezunt, Siwas und Kastamuni beziehen, also auf einen Gebietsstreifen,
der sich von der türkisch-persischen Grenze an der türkisch-russischen Grenze
(Transkaukasien) und an der Schwarzen Meeresküste hin, die Nordwestecke
Kleinasiens ausgenommen, erstreckt.
Ende März. Rußland, Afghanistan und England.
Nach einem Bericht der „Köln. Ztg." fürchtet die britisch -indische
Regierung eine Besetzung Herats durch die Russen und schiebt einige Re-
gimenter nach Kandahar vor mit Einwilligung des Emir. Nach Ankunft
der Truppen habe sich bei dem großen Teile der Afghanenbevölkerung, die
mit Rußland sympathisierte, Unzufriedenheit geltend gemacht, so daß die
Truppenbewegungen durch Kundschafter den Russen mitgeteilt werden.
Auch die muselmanische Bevölkerung der russischen Unterthanenschaft in
Buchara, Ferghana und Transkaspien werde durch die Agitation eines in
Indien angesessenen geistlichen Ordens beunruhigt.
Ende März. Das „Journal de St. Petersbourg“ schreibt
über den Burenkrieg:
Bei der heutigen Lage ist vorauszusehen, daß das endgültige Schick-
sal der beiden Republiken sein wird, eine Beute der Sieger zu werden.
Von den englischen Besitzungen in Afrika umschlossen, ohne Ausgang zum
Meere und für ihre Verbindung mit den anderen Ländern nur auf die
Eisenbahn angewiesen, welche sie mit der portugiesischen Kolonie von
Mozambigque verbindet, haben die beiden sich selbst überlassenen Republiken
einen Versuch gemacht, welcher als ein verzweifelter betrachtet werden konnte.
Die europäische Presse ist eingehend den Ereignissen dieses Krieges gefolgt,
und man hat in sehr vielen Ländern Manifestationen von Sympathien
hervortreten sehen, welche dazu bestimmt sind, platonisch zu bleiben. Man
muß hoffen, daß das Echo dieser lärmenden Manifestationen nur abge-
schwächt in die beiden Republiken gelangen wird, denn sie würden nur die
Buren über das täuschen können, was sie von außen zu erwarten haben.
Anfang April. Eine am 5. Juli 1899 einstweilen erlassene
Bestimmung, daß die Abiturienten nur die Universität ihres Lehr-
bezirks besuchen dürfen, wird bestätigt. Die Studenten sollen da-
mit gleichmäßig verteilt werden.
6. April. (Sebastopol.) Nach mehrwöchigen Verhandlungen
werden 25 Personen (höhere Beamte und Offiziere) wegen Durch-
stechereien bei Marinelieferungen mit Gefängnis und Verbannung
nach Sibirien bestraft.
April. Mitteilungen über die Lage des Bauernstandes (pBgl.
1899 S. 271).
Die „Allg. Ztg.“ bringt aus Petersburger Zeitungen Mitteilungen
über Verhandlungen der Landhauptleute des Gouvernements Tula. Die