Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 8.) 3
hervorgerufenen Belastung die ernste Beachtung der Staatsregierung. Auf
eine Abhilfe hinzuwirken ist umsomehr geboten, als diese Belastung in den
an sich wirtschaftlich schwächeren Landesteilen besonders in die Erscheinung
tritt und sich infolge der schwierigen Lage der Landwirtschaft in ver-
schärftem Maße fühlbar macht. Die Staatsregierung beabsichtigt daher in
Ergänzung der Dotationsgesetzgebung den Provinzen für bestimmte Zwecke
weitere Staatsrenten zu überweisen, insbesondere zur Ausgleichung der
Verschiedenheiten in der Ausstattung mit Mitteln für den Wegebau; sie
wird bemüht sein, dem Landtage noch in seiner gegenwärtigen Tagung
eine entsprechende Vorlage zu machen. Die bei den Verhandlungen des
Hauses der Abgeordneten über die Kanalvorlage des Jahres 1899 aus-
gesprochenen Wünsche haben der Staatsregierung Veranlassung gegeben,
einen neuen und erweiterten Plan aufzustellen, der bestimmt ist, den Be-
dürfnissen der verschiedenen Landesteile der Monarchie auf dem Gebiete
der Wasserwirtschaft durch den Bau von Kanälen und Verbesserung der
Flußläufe gerecht zu werden. Der dem Landtag alsbald vorzulegende
Gesetzentwurf fügt demgemäß dem Rhein-Elbe-Kanal hinzu: den Bau eines
Großschiffahrtsweges von Berlin nach Stettin, die Herstellung einer leistungs-
fähigeren Wasserstraße zwischen der Oder und der Weichsel und die weitere
Regulierung der Warthe von der Mündung der Netze bis Posen, die Ver-
besserung der Vorflut in der unteren Oder, sowie in der unteren Havel
und den Ausbau der Spree. Zum lebhaften Bedauern der Staatsregierung
haben die Ermittelungen darüber, ob und in welcher Gestalt der masurische
Schiffahrtskanal zur Ausführung zu bringen sei, noch nicht zum Abschluß
gebracht werden können, da über den wirtschaftlichen Wert einer solchen
Anlage in der Provinz Ostpreußen selbst noch gewichtige Zweifel bestehen
und aus Rücksichten der Landeskultur große, bisher nicht beseitigte Bedenken
gegen den Bau erhoben worden sind. Um die Verbesserung der Wasserstraße
zwischen Oberschlesien und Berlin weiter zu fördern und die dafür geeigneten
Mittel — Anlegung von Stau-Becken und teilweise Kanalisierung oder
Nachregulierung des Oderstroms — zu erproben, wird die Bewilligung
eines hiefür ausreichenden Betrags gefordert werden. Die Durchführung
der erwähnten Projekte wird ein zusammenhängendes, die großen vater-
ländischen Ströme verbindendes Netz von Wasserstraßen schaffen und der
Landeskultur wie den Verkehrsinteressen dienen. Die Staatsregierung gibt
sich der Hoffnung hin, daß die erweiterte Vorlage die Zustimmung der
Landesvertretung finden wird. Dem Landtag wird der Entwurf eines
Gesetzes betr. die Umlegung von Grundstücken in Frankfurt a. M. zugehen.
Der Entwurf verfolgt im Anschluß an frühere Verhandlungen beider Häuser
den Zweck, der in dieser Stadt herrschenden Wohnungsnot durch die
Schaffung von Baugelände abzuhelfen. Wenngleich die Vorlage sich zunächst
nur auf die Stadt Frankfurt a. M. bezieht, so enthält der Gesetzentwurf,
der vom Provinzial-Landtag der Provinz Hessen-Nassau einstimmig gebilligt
worden ist, dadurch eine allgemeinere Bedeutung, daß sein Geltungsbereich
auch auf andere Gemeinden, falls dies von ihnen beantragt wird, im Wege
kgl. Verordnung wird erstreckt werden können. Wenn hienach eine für eine
einzelne Stadt und ein bestimmtes Gebiet der Wohnungsfürsorge besonders
dringliche Frage vorab zur Erledigung gebracht werden soll, so erheischt
doch die Gestaltung der Wohnungsverhältnisse, namentlich in den dicht-
bevölkerten und überwiegend industriellen Gegenden, weitere, die ver-
schiedensten Gebiete kommunaler und staatlicher Fürsorge berührenden Maß-
nahmen. Die Staatsregierung ist in der Erörterung darüber begriffen,
welche Anordnungen im Verwaltungswege zu treffen und welche einer
gesetzlichen Regelung zuzuweisen sein werden, um die hervorgetretenen
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