Die ãsterreithish-nngarishe Menarhie. (Februar 6. 8.) 181
ist die Herzlichkeit, welche das engere Verhältnis zu den Uns verbündeten
Mächten kennzeichnet. Freudig erinnere Ich Mich der Beweise der Sym-
pathie, welche gelegentlich Meines Besuches bei Kaiser Wilhelm Mir auch
seitens der Bevölkerung der Hauptstadt Deutschlands so rührend zum Aus-
druck gebracht wurden. Die aufregenden und bedrohlichen Ereignisse in
China nötigten die Mächte, zum Schutz des Lebens und der Freiheit ihrer
Vertreter und Angehörigen und zur Verteidigung der Kulturinteressen gegen
fanatisierte Scharen einzuschreiten. Unfre Stellung als Großmacht, sowie
unsre, wenn auch nicht ausgedehnten Interessen ließen eine entsprechende
Teilnahme an der Aktion geboten erscheinen, bei welcher sich das kleine
Kontingent unfrer tapferen Marine so rühmlich hervorthat. Die Be-
mühungen der Mächte waren auf die Wiederherstellung geordneter Zu-
stände und die Erhaltung der Integrität Chinas gerichtet, so daß ein Rück-
schlag der dortigen Ereignisse auf den europäischen Frieden glücklicherweise
nicht zu befürchten ist.
Ueber wirtschaftliche Fragen wird gesagt: Die Notwendigkeit der
Wahrung der Konkurrenzfähigkeit auf den erweiterten Weltmärkten rücke,
wie hervorgehoben wird, die wirtschaftlichen Fragen in den Vordergrund.
Der Ablauf der meisten Handelsverträge und die damit zusammenhängende
Zolltarifrevision bilden eine der ernstesten Aufgaben der Regierung. Die
Durchführung der Flußregulierungen soll ebeschleunigt werden. odann
wird angekündigt eine Reform des börsenmäßigen Terminhandels in land-
wirtschaftlichen Produkten und die Wiederholung der Vorlage über die
Organisierung landwirtschaftlicher Berufsgenossenschaften. Ein mehrere Jahre
umfassendes Programm betrifft die Investitionen der Staatsbahnen und
die Ergänzungen des staatlichen Eisenbahnnetzes, insbesondere eine zweite
Verbindung mit Triest; die Mittel hierfür sollen durch eine besondere
Finanzoperation beschafft werden. Unter den übrigen angekündigten Vor-
lagen befindet sich eine solche zur gesetzlichen Regelung des Auswanderungs-
wesens, verbunden mit zweckmäßigen Einrichtungen zur Erlangung von
Arbeitsgelegenheit im In= und Auslande, ferner eine Vorlage betreffend
die Beschaffung von den sittlichen und gesundheitlichen Forderungen ent-
sprechenden Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung, eine Vor-
lage betreffend die Bekämpfung der Trunksucht. — Am Schluß heißt es:
Mit tiefem Schmerze habe den Kaiser die Erfolglosigkeit der letzten Reichs-
ratstagungen erfüllt. Ein Stillstand der Gesetzgebung wäre um so be-
klagenswerter, als soziale Reformen, wie die Einführung einer Alters- und
Invaliditätsversicherung, des Reichsrates harren. Die Lösung der schwe-
benden Sprachenfragen sei gleichmäßig ein Akt der Gerechtigkeit und der
Staatsraison. Ebenso sei die Regierung verpflichtet, die Einheitlichkeit der
Sprache, in bestimmten Verwaltungssphären als altbewährte Einrichtung
zu erhalten.
6. Februar. (Ungarn.) Bei einer Ersatzwahl in Maros-
vasarhely kommt es zu Tumulten; die Gendarmerie schreitet ein
und es werden 4 Personen getötet, 10 verwundet. — Am 7. und
8. Februar finden stürmische Debatten darüber im Abgeordneten-
hause statt.
8. Februar. (Cisleithanien.) Das Abgeordnetenhaus
wählt den Abg. Grafen Vetter v. d. Lilie (verfassungstreuer Groß-
grundbesitzer) mit 344 Stimmen von 360 zum Präsidenten. Zum