Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebzehnter Jahrgang. 1901. (42)

12              Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.   (Januar 15.) 
laut. Ich hatte keine Verfügung erlassen, bin aber in meinem Entgegen- 
kommen so weit gegangen, daß ich nicht nur den Wortlaut der Entschei- 
dung der Bezirksregierung mitgeteilt, sondern auch die Gründe dargelegt 
habe, welche in Posen zu der Maßnahme geführt haben. Der Minister 
verbreitet sich weiterhin über die Ziele der polnischen Bewegung. Die Art, 
wie in nationalpolnischem Sinne auf die Schüler der höheren Lehranstalten 
systematisch eingewirkt werde, sei direkt ein pädagogisches Verbrechen. 
                Am 16. Januar wendet sich Minister des Innern v. Rheinbaben 
gegen die Beschwerden der Polen und verliest eine Anzahl polnischer Zei- 
tungsartikel, die unversöhnliche Feindschaft gegen Preußen predigen und 
auf Losreißung Posens abzielen. Ueber die Politik der Regierung sagt 
der Minister: Die Absicht der Regierung geht dahin, daß sie rücksichtslos 
alles unterdrückt, was auf eine Abänderung unserer staatsrechtlichen Ver- 
hältnisse hinzudrängen geeignet ist, und daß sie ferner nicht Unrecht mit 
Unrecht vergilt, sondern sich bewußt ist, daß die Polen auf gleiches Recht 
Anspruch haben mit allen Bürgern, und daß sie die uns aufgedrungene 
Agitation durch eine Agitation mit gleichen Mitteln bekämpft. Die Haupt- 
sache ist die Stärkung des Deutschtums auf geistigem wie auf wirtschaft- 
lichem Gebiete. Alle diese Maßregeln können allerdings nicht von heute 
auf morgen durchgeführt werden. Dazu gehört eine konsequente, durch 
Jahrzehnte fortgesetzte Arbeit. Namentlich wollen wir den deutschen Bauern- 
stand schützen. Er ist bedauerlicherweise zurückgegangen. Es sind aber jetzt 
Mittel bereit gestellt, um seitens des Staates Bauerngüter anzukaufen, um 
den deutschen Bauernstand zu erhalten. Wir zweifeln nicht, wenn von dem 
festen Willen der Staatsregierung sich das Deutschtum immer mehr über- 
zeugt, daß das gemeinsame Wirken zwischen dem Volk und der Staats- 
regierung eine Wirkung haben, und der Deutsche das Gefühl haben wird, 
daß er sich fest auf uns verlassen kann. Das ist die beste Garantie für 
ein erfolgreiches Vorgehen. Es können allerdings nicht Erfolge von heute 
auf morgen sein, aber den Polen muß klar gemacht werden, daß sie 
Deutsche sind und deutsch bleiben werden, solange der deutsche Aar seine 
Schwingen reckt. 
           Hierauf wird der größte Teil des Etats an die Budgetkommission 
verwiesen. 
               15. Januar. (Reichstag.) Debatte über das Duellwesen in 
der Armee. 
           Abg. Trimborn (Z.) bringt folgende Interpellation ein: 
           Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, daß zur Vorbereitung einer 
am 4. Januar 1901 in Köln anstehenden Wahl zum Reserveoffizier den 
Allerhöchsten Befehlen zuwider Nachforschungen über die grundsätzliche 
Stellung der Aspiranten zum Zweikampf angestellt, daß die Ergebnisse bei 
der Wahl zur Sprache gebracht, und daß daraufhin diejenigen Aspiranten, 
welche Stellung gegen den Zweikampf genommen hatten, nicht gewählt 
worden sind? 
              Was hat der Herr Reichskanzler gethan, um diejenigen Stellen, 
welche in Verletzung der von dem Herrn preußischen Kriegsminister in der 
Sitzung des Reichstags vom 11. Dezember 1897 mitgeteilten Allerhöchsten 
Befehle, die fraglichen Offiziersaspiranten über ihre Stellung zum Zwei- 
kampf befragt, oder Erkundigungen über sie anderweit eingezogen, oder 
welche über die Ergebnisse dieser Fragen und Erkundigungen bei dem 
Wahlakt Mitteilung gemacht haben, zur Verantwortung zu ziehen? 
             Was gedenkt der Herr Reichskanzler zu thun, um die Wiederkehr 
solcher Fälle zu verhüten?
	        
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