Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebzehnter Jahrgang. 1901. (42)

Bie ülerreichisch,ungerische Monerc#ie. (Oktober 31.—November 18.) 201 
Abg. Kramarcz (Tsch.) wirft der Regierung vor, daß sie nicht 
den Mut habe, die alldeutsche Bewegung als das zu bezeichnen, was sie 
sei, als eine Gefahr für Oesterreich. Die Opposition der Tschechen sei ernst 
gemeint, und sie würden alles thun, um die Pläne der Regierung zu 
durchkreuzen, solange diese nicht das jedem Tschechen zugefügte Unrecht gut 
gemacht habe. 
Abg. Menger polemisiert gegen den Vorredner und weist die uner- 
hörten Denunziationen des Vorredners gegen die Deutschen zurück, welche 
nichts gethan hätten, als immer wieder von neuem aufzurichten, was von 
ihren nationalen Gegnern niedergerissen worden sei. Die Sprachenverord- 
nungen seien auf eine ungerechte Art und Weise zu stande gekommen und 
seien eine Vergewaltigung der Deutschen. 
Ministerpräsident v. Körber lehnt jede Gemeinschaft mit dem Pro- 
gramm der Alldeutschen ab und erklärte, die Regierung täusche sich keinen 
Augenblick über die Wichtigkeit der Nationalitätenfrage. Sie stelle jedoch 
die wichtigsten wirtschaftlichen Fragen im Interesse der notleidenden Be- 
völkerung voran. Sobald die dringendsten wirtschaftlichen Fragen erledigt 
sind, ist die Regierung fest entschlossen, als ehrlicher Unterhändler vor die 
beiden streitenden Volksstämme zu treten und ihnen einen vielleicht brauch- 
baren Vermittlungsvorschlag zu unterbreiten. 
31. Oktober. (Ungarn.) Das Abgeordnetenhaus wählt den 
Grafen Apponyi zum Präsidenten. 
Ende Oktober. Anf. November. (Innsbruck.) Tumulte an 
der Universität. 
Deutschnationale Studenten demonstrieren gegen einen Professor der 
juristischen Fakultät, der in italienischer Sprache liest. Die Vorlesungen 
müssen für einige Zeit geschlossen werden. Am 7. November erklärt 
Kultusminister Hartel auf eine Interpellation im Abgeordnetenhause: Die 
Regierung habe seit Jahren gesucht, durch die in Ausführung des ein- 
stimmigen Beschlusses des Tyroler Landtages eingeführten italienischen 
Parallelkurse der juristischen Fakultät, wodurch der ursprüngliche Charakter 
der Innsbrucker Universität nicht berührt werden konnte, dem Bedürfnis 
der italienischen Jugend nach Vorlesungen in ihrer Muttersprache zu ent- 
sprechen und durch Heranziehung italienischer Lehrkräfte die Vorbedingungen 
für die Errichtung einer selbständigen italienischen Fakultät zu schaffen, 
deren Inslebentreten der Beratung der akademischen Behörden der Inns- 
brucker Universität anheimgestellt werden sollte. Wenn dabei die gehegten 
Voraussetzungen, wie es nach den jüngsten Vorgängen den Anschein habe, 
nicht zutreffen, werde es die Pflicht der Regierung sein, in anderer Weise 
für das Studium der italienischen Jugend zu sorgen. 
8. November. (Wien.) In einer Konferenz über die deutsche 
Orthographie spricht der Kultusminister sein Einverständnis mit 
den Berliner Beschlüssen aus (S. 112). 
18. November. (Wien.) Der Kaiser äußert sich beim Em- 
pfang einiger Reichsratsabgeordneten scharf über die Arbeitsunfähig- 
keit des Abgeordnetenhauses und regt die Anderung der Geschäfts- 
ordnung an, um Wandel zu schaffen. 
18. November. (Ungarn.) Im Abgeordnetenhause erklärt 
der Ministerpräsident v. Szell, Ungarn werde nur auf Grund der 
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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