Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebzehnter Jahrgang. 1901. (42)

204 Jie ferreichisch-ungarische Monarchie. (Dezember 10.—30.) 
in die heimischen Angelegenheiten nicht zugeben und mache kein Hehl 
daraus, daß ihr auch die Uebertreibungen in der Presse nicht zweckdienlich 
erschienen. Aber sie glaube, am patriotischsten zu handeln, wenn sie die 
Ereignisse nicht so weit gedeihen lasse, daß sie als Verletzung eines fremden 
Staates ausgelegt werden könnten. — Am folgenden Tage protestiert der 
Minister abermals gegen die Kritik der inneren preußischen Politik durch 
polnische Abgeordnete. 
10. Dezember. (Cisleithanien.) Das Abgeordnetenhaus 
genehmigt das Budgetprovisorium. 
12. Dezember. (Cisleithanien.) Die Landtage werden für 
Ende Dezember einberufen. 
15. Dezember. (Aussig.) Der Zentralverband der Indu- 
striellen Osterreichs fordert langfristige Handelsverträge. 
20. Dezember. (Cisleithanien.) Das Herrenhaus geneh- 
migt das Budgetprovisorium. 
A. Dezember. (Pest.) Mehrere Tausend sozialdemokratische 
Arbeitsloser veranstalten einen Umzug und verüben Ausschreitungen. 
30. Dezember. (Galizien.) Im Landtag gibt Fürst Czar- 
toryski folgende Erklärung ab über die Wreschener Angelegenheit: 
Der Landtag trat diesmal unter ungewöhnlichen Umständen zu- 
sammen. Die Vorgänge in Wreschen, die bis an Grausamkeit reichen, 
sprechen von Unbill und Bedrückung. Sie fanden überall einen bedeutenden 
Wiederhall. Die Losung „Macht geht vor Recht“ erdrückte alle mensch- 
lichen Gefühle und schmerzlichst und allgemein hat das ganze polnische 
Volk diese Verfolgung empfinden müssen, welches Volk, wiewohl politisch 
getrennt, nicht aufgehört hat, eine geistige nationale Einheit zu sein. 
Unfre Vertreter im Reichsrate gaben dem allgemeinen beleidigten mensch- 
lichen und nationalen Gefühle gerechten Ausdruck. Wir versammelten pol- 
nischen Abgeordneten sind berechtigt zu konstatieren, daß wir unfre stimm- 
berechtigten Vertreter im Reichsrate in Bezug auf die Rede des Grafen 
Dziedusiczki einstimmig unterstützen und in derselben den Ausdruck unfrer 
Ueberzeugung und Empfindung erblicken. Die Geschichte wird in dieser 
Sache entscheiden. Gott wird die Entscheidung treffen und Gerechtigkeit 
üben. Für diese erlittene Unbill und das tief beleidigte Gefühl hat man 
nur eine patriotische Antwort, die vollständig würdig ist, für eine Nation, 
welche sich ihrer Lebensfähigkeit, ihres Rechtes und ihrer Pflichten bewußt 
ist. Möge als diese Antwort der doppelte Eifer, die doppelte Ausdauer 
und Arbeit für das nationale Wiederaufblühen, für die wirtschaftliche 
Kräftigung und für die Erweiterung unsres nationalen Bewußtseins gelten.
	        
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