Kran#reich. (Januar 14.) 227
zeiten sein Vermögen zu übergeben und sich mit der Rente zu begnügen,
die dem Schenker von der Kongregation gezahlt wurde.
Im dritten Abschnitt heißt es, daß ohne ganz besondere Ermächti-
gungen, sei es durch eine Verfügung des Staatsrats, sei es durch ein be-
sonderes Gesetz nicht gebildet werden dürfen Vereinigungen zwischen Fran-
zosen und Fremden, Vereinigungen zwischen Franzosen, deren Sitz oder
Leitung im Auslande liegt oder Fremden anvertraut ist, Vereinigungen,
deren Mitglieder gemeinschaftlichen Haushalt führen. Dieser Absatz trifft
wiederum auf alle Kongregationen zu. Der vierte Abschnitt enthält allge-
meine Bestimmungen über die Auflösung von Vereinigungen. Null und
nichtig sind alle Rechtsgeschäfte zwischen Lebenden oder Erblassern, mögen
sie unmittelbar oder durch Mittelspersonen ausgeführt sein, die den Zweck
verfolgen, den gesetzlich oder ungesetzlich begründeten Vereinigungen die
Möglichkeit zu gewähren, sich den Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes
zu entziehen. Als Mittelspersonen gelten die Mitglieder, denen von andern
Mitgliedern derselben Vereinigung Geschenke oder Vermächtnisse zu teil
werden, wofern der Empfänger nicht der unmittelbare Nachkomme des Erb-
lassers ist, ferner das Mitglied oder die bürgerliche oder gewerbliche Gesell-
schaft, die ganz oder zum Teil aus Mitgliedern der Vereinigung besteht
und die das von der Vereinigung bewohnte Grundstück besitzt. Auch gilt
der Besitzer eines von der Vereinigung bewohnten Grundstückes, selbst wenn
er nicht zu der Vereinigung gehört, als Mittelsperson. Auch das trifft
auf die Kongregationen zu, die nicht nur in Frankreich, um den Verpflich-
tungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu entgehen, ihre Besitzungen auf den
Namen eines beliebigen Dritten eintragen ließen, so daß der wahre Besitz
der Kongregationen trotz aller Ermittelungen niemals hat wirklich fest-
gestellt werden können. Alle bestehenden Vereinigungen haben innerhalb
sechs Monaten den Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes nachzukommen,
widrigenfalls sie als aufgelöst gelten. Das Vermögen, das die Mitglieder
der aufgelösten Vereinigung vor der Gründung hatten, behalten sie. Die
der Gesellschaft frei geschenkten Werte können von den Schenkern zurück-
gefordert werden, und zwar während des Zeitraums eines Jahres. Später
fällt das Vermögen dem Staate anheim. (Nach der „Tägl. Rundschau“.)
Das Gesetz richtet sich also in der Hauptsache gegen die Klöster und
religiösen Genossenschaften, weil in ihnen und in ihren Unterrichtsanstalten
nach der Ansicht der Regierung ein antirepublikanischer Geist gepflegt wird.
Die Münchener „Allg. Ztg.“ schreibt: Die wesentlichsten Paragraphen des
in Frage kommenden Ordensgesetzes lauten: § 1. „Jede Vereinigung
u. s. w. wird geregelt nur auf der Grundlage des gemeinen Rechtes.“ 8§2.
„Jede Vereinigung, die gegründet ist zu einem Zweck, der an sich un-
erlaubt ist, welcher der öffentlichen Ordnung, der guten Sitte widerspricht
und für die Mitglieder den Verzicht auf sonst unveräußerliche Rechte ein-
schließt, ist nicht anerkannt.“ Das heißt kurzweg, sie ist zu verbieten oder
kann verboten werden. Unter den „unveräußerlichen Rechten“ wird im
Sinne des Gesetzgebers verstanden: „das Recht, zu heiraten, zu kaufen und
zu verkaufen, Handel zu treiben, Berufe auszuüben, Besitz zu haben und
das Recht auf alles, was persönliche Knechtschaft hindern würde.“ Solche
und eben gerade diese Rechte geben die meisten Ordensmitglieder beim
Eintritt in ihren Orden freiwillig auf durch Ablegung der drei Gelübde
der beständigen Keuschheit, der freiwilligen Armut und des vollkommenen
Gehorsams gegen den Oberen. Die Sache liegt also einfach so: Wenn die
Kammer das Gesetz in dieser Fassung annimmt, so kann die Regierung
fast alle in Frankreich zur Zeit bestehenden religiösen Genossenschaften auf-
hebeen und die Bildung von neuen klösterlichen Vereinigungen verbieten.
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