264 LKiederlande. (Juni 14. —September 17.)
In dem Entwurf wird vorgeschlagen, die Küsten von Nordholland
und Friesland nördlich der Yssel durch einen Deich zu verbinden und dann
46000 ha des so abgeschlossenen Teiles des Zuidersees trocken zu legen. Die
Kosten hiefür sind auf 95 Millionen Gulden veranschlagt, die durch eine
Anleihe aufgebracht werden sollen. Die Arbeiten sollen in 18 Jahren
vollendet werden. Während 60 Jahren soll das Budget jährlich um zwei
Millionen Gulden erhöht werden.
14.27. Juni. Kammerwahlen.
In der Hauptwahl (14. Juni) werden 22 Katholiken, 22 Prote-
stanten, 9 Liberale, 2 historische Christen, 2 Demokraten gewählt; 42 Stich-
wahlen müssen stattfinden. Nach Vollziehung der Stichwahlen (27. Juni)
setzt sich die Kammer zusammen aus 27 Liberalen, 25 Katholiken, 30 Pro-
testanten, 7 Sozialdemokraten, 8 Demokraten, 3 „historischen Christen“.
Der linken Seite des Hauses gehören 42, der rechten 58 Mitglieder an.
Die Liberalen haben 13 Sitze verloren, die Protestanten haben 8 und die
Sozialisten 3 Sitze gewonnen. Die historischen Christen haben 2 Sitze
gewonnen, die Katholiken und die Demokraten je 2 Sitze verloren.
27. Juli. Neubildung des Ministeriums.
Infolge der Niederlage der Liberalen in den Wahlen tritt das
Kabinett zurück. Das neue wird durch eine Koalition der protestantischen
und katholischen Antiliberalen gebildet und folgendermaßen zusammengesetzt:
Melvil Auswärtiges; Van Lynden, Generalsekretär des Schiedsgerichts-
hofes, Justiz; Deputierter Loeff Inneres; Kuyper, Ministerpräsident;
Vizeadmiral Kruys Marine; der frühere Minister Bergansius Krieg; de
Marez Oigens Waterstaat Handel und Industrie; Deputierter Harte van
Tecktenburg Finanzen; Van Aschwyk, früherer Gouverneur von Surinam,
olonien.
17. September. (Haag.) Die Königin eröffnet die General-
staaten.
In der Thronrede heißt es, daß die Beziehungen zu den übrigen
Mächten sehr freundschaftliche seien; das gleichzeitig mit den anderen
Staaten in China unterzeichnete Friedensprotokoll sichere die Entschädigung
für die in Peking zerstörten Gesandtschaftsgebäude. Die allgemeine Lage
Hollands biete ein in mehrfacher Hinsicht erfreuliches Bild. Es sei jedoch
zu bemerken, daß sich neuerdings für die Regierung mehr als bisher die
Notwerdigkeit herausgestellt habe, beständig darauf zu achten, daß das
Christentum die Grundlage des Volkslebens werde. Die Revision des Ge-
setzes, betreffend die Sonntagsruhe, und ein wirksamer gesetzlicher Schutz
der Volksmoral seien notwendig; ebenso eine wirksamere Bekämpfung des
öffentlichen Hazardspiels und des Alkoholismus ohne Beeinträchtigung der
individuellen Freiheit, ferner die Aufrechthaltung der Freiheit des Unter-
richts in den verschiedenen Zweigen derselben. Was die materiellen Inter-
essen betrifft, so beschäftige die Königin nach wie vor die soziale Frage.
Es werde den Kammern ein Gesetzentwurf über eine direkte Vertretung
der Landwirte unterbreitet werden, damit die Regierung, von dieser unter-
stützt, sich besser über die Interessen der Landwirtschaft unterrichten könne.
Die Fälschung der Nahrungsmittel und der unlautere Wettbewerb müßten
bekämpft werden. Für die Entwickelung des praktischen Volksschulunter-
richts und die Regelung des Lehrlingswesens werde die Beihilfe der Volks-
vertretung verlangt werden. Die Acciseabgaben und die Abgaben auf neue
Erfindungen würden auf einer neuen Grundlage wieder eingeführt werden.
Das Konsularwesen werde mehr als bisher den Interessen der Landwirt-