Niederlande. (September Ende—Dezember 5.) 265
schaft, der Industrie und des Handels dienstbar gemacht werden. Die
Arbeitsverhältnisse erforderten eine Neuregelung. Die obligatorische Unfall-
versicherung werde eingeführt werden und auch die Seefischer und länd-
lichen Arbeiter umfassen. In Vorbereitung sei ferner die obligatorische
Kranken-, Alters-- und Invaliditätsversicherung. Um die sozialen Reformen
zu ermöglichen, sei eine Verstärkung der Staatseinkünfte erforderlich, in
erster Linie eine Revision des Zolltarifs, bei welcher zugleich der Schutz
der nationalen Arbeit zu erhöhen wäre. Falls diese Revision der Be-
völkerung mit geringem Einkommen zu stark belasten sollte, werde man
bei den Beiträgen dieser Bevölkerungsklassen zur obligatorischen Versiche-
rung einen Ausgleich schaffen. Den Kammern werde ferner eine Vorlage
über das Verwaltungsgerichtsverfahren zugehen. Die Gesetze betreffend
die nationale Verteidigung würden prompt ausgeführt werden. Die Ein-
führung der Schnellfeuergeschütze sei dringend; sie werde beträchtliche Opfer
erfordern. Auf die Marine und das Heer in Niederländisch-Indien würde
in religiöser und moralischer Hinsicht bessernd eingewirk werden. Die
Niederlande seien als christliche Macht verpflichtet, die rechtliche Stellung
der christlichen Eingeborenen besser zu regeln und die christliche Mission
zu unterstützen. Die Gründe für die Abnahme des Wohlstandes der Ein-
geborenen auf Java würden geprüft und die Vorschriften über den Schutz
der als Arbeiter verwandten Kulis würden streng durchgeführt werden. Es
werde eine Dezentralisierung der Verwaltung beabsichtigt; die bisher bezüg-
lich der Atjeh befolgte Politik werde aufrecht erhalten werden in der Hoffnung
auf eine völlige Pazifikation des Landes. Die Entwickelung von Surinam
und Curacao nehme fortdauernd das Interesse der Regierung in Anspruch.
Ende September. (Nimwegen). Ein Kongreß von Literaten
und Gelehrten beschließt die deutsche Sprache auf Kosten der fran-
zösischen zu fördern.
Oktober. In den Hafenstädten wird versucht, einen all-
gemeinen Boykott der englischen Schiffe durch die Hafenarbeiter
zustande zu bringen, um England zur Einstellung des südafrika-
nischen Krieges zu zwingen. Ein Erfolg wird nicht erreicht, im
Auslande finden die Bestrebungen wenig Anklang.
20. November. (Haag.) Der Verwaltungsrat des inter-
nationalen Schiedsgerichtshofes erklärt sich für inkompetent, auf
einen Antrag des südafrikanischen Gesandten Dr. Leyds, im süd-
afrikanischen Kriege zu intervenieren, einzugehen.
5. Dezember. In der zweiten Kammer erklärt der Minister
des Auswärtigen van Linden über die Konzentrationslager in Süd-
afrika:
Die Regierung könne nur dafür Sorge tragen, daß die den in den
Lagern befindlichen Personen zugedachten Unterstützungen an ihren Be-
stimmungsort gelangen. Den in den Lagern befindlichen niederländischen
Staatsangehörigen stehe es frei, soweit sie nicht Kriegsgefangene seien, das
Lager zu verlassen. Den anderen Staaten müsse man es überlassen, für
ihre Staatsangehörigen zu sorgen. Die niederländische Regierung könne
nicht weiter gehen.