Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebzehnter Jahrgang. 1901. (42)

282 Rußland. (Juli Ende—Oktober Anf.) 
Ausbeute im Bereich des für den privaten Betrieb gesperrten Landstriches 
zu genehmigen, wofern diese Gesuche von völlig verläßlichen russischen 
Unternehmern oder Firmen ausgehen. 
Ende Juli. August. Erörterung über den deutschen Zolltarif. 
Die meisten Blätter halten einen Handelsvertrag mit Deutschland 
bei den deutschen Getreidezollsätzen für ausgeschlossen und einen Handels- 
krieg für wahrscheinlich. Die „Birschewije Wjedomosti“ schlagen ein ge- 
meinsames russisch-amerikanisches Vorgehen gegen Deutschland vor. — Eine 
von der „Königsberger Hartungschen Ztg.“ verbreitete Nachricht, daß die 
russische Regierung zu Repressalien greifen und den landwirtschaftlichen 
Arbeitern verbieten werde nach Preußen zu Erntearbeiten zu gehen, wird 
vom „Herold“ als Tatarennachricht bezeichnet. Dagegen werden viele Be- 
schwerden über die Lage der russischen Arbeiter in Preußen erhoben. 
Anfang August. Die Regierung schließt sämtliche deutsche 
Privatschulen in den Ostseeprovinzen. 
5. August. (Peterhof.) Der Zar empfängt die marokka- 
nische Gesandtschaft. 
Ende August. Die „Nowosti“ besprechen die englischen Be- 
schwerden gegen Rußland in dem letzten Blaubuch über China und 
erklären: Wir haben die Mandschurei erobert und werden dort 
bleiben, so lange es uns beliebt. Das ist die Antwort Rußlands 
auf alle Einsprüche Englands, so höflich und diplomatisch sie auch 
in der Wortfassung sein mögen. 
Ende August. (Finland.) Zwölf Blätter werden verboten 
oder verwarnt. 
1. September. Der „Regierungsbote“ veröffentlicht eine Ver- 
fügung über Linderung des landwirtschaftlichen Notstandes. 
Danach erkennt die Regierung die Not in folgenden Gouvernements 
an: Wjätka, Woronesh, Jekaterinoslaw, Kasan, Orenburg, Perm, Ssamara, 
Ssaratow, Ssimbirsk, Taurien und Ufa. Vom 1. September alten Stils 
an sollen die Gouverneure alle 14 Tage aufführliche Berichte über die 
Lage an den Minister des Innern drahten. Für den Grad der Hilfe- 
leistung gibt der Minister den Gouverneuren folgende Weisungen. Seiner 
Meinung nach ist der Jahresverbrauch einer Bauernfamilie, bestehend aus 
drei Erwachsenen und zwei Kindern, auf 48 Pud (1536 Pfund) Getreide 
zu veranschlagen. Besitze eine Bauernwirtschaft diese Getreidemenge, so 
gehöre sie nicht zu den Notleidenden. Bis Mitte November wendet die 
Regierung 14 Millionen Rubel für diese Zwecke auf. 
30. September. (Finland.) Eine von 471,131 Personen 
unterzeichnete Adresse an den Senat protestiert gegen das Wehr- 
pflichtgesetz, weil es verfassungswidrig ohne Mitwirkung des Land- 
tags zustande gekommen sei. 
Anfang Oktober. Die russische Presse verfolgt aufmerksam 
die Vorgänge am persischen Golf und betont, daß Persien aus- 
schließlich russisches Interessengebiet werden müsse.