Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

320 Niederlande. (März 8.—April 9.) 
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stand entgegenzusetzen. Die Regierung schlage deshalb die Bildung einer 
Eisenbahn--Brigade vor, um im Notfalle den Eisenbahndienst des Landes 
zu sichern. Ferner sollen die berechtigten Forderungen des Eisenbahn- 
personals befriedigt werden. Endlich soll eine königliche Kommission be- 
auftragt werden, die rechtliche Lage des Eisenbahnpersonals und die Dienst- 
bedingungen für dasselbe zu regeln und festzusetzen, welche Handlungen des 
Personals strafrechtlich zu verfolgen sind. Der Premierminister fügt hinzu, 
die Regierung verfolge keinerlei reaktionäre Zwecke, sondern wünsche soziale 
Reformen. 
Am 26. Februar verweist die Kammer die Vorlage an eine Kom- 
mission. 
8. März. Zahlreiche Arbeiterversammlungen protestieren gegen 
die Vorlagen gegen das Streikrecht der Arbeiter. 
18. März. (Haag.) Eine königl. Ordre bestimmt, daß die 
Miliz der Jahresklasse 1902 auf unbegrenzte Zeit bei der Fahne 
behalten wird. 
28. März. Resultat der Kommissionsberatung der Streik- 
vorlage. 
Die Regierung hält in der Hauptsache ihre Vorlagen aufrecht, ins- 
besondere die Bestimmung, die die plötzliche und vorher verabredete Ar- 
beitseinstellung im Betriebe der Eisenbahnen und öffentlichen Verkehrs- 
anstalten für eine strafbare Handlung erklärt. Dagegen willigt die Regierung 
ein, das Strafmaß, welches im Ersefentwurl bis auf sechs Jahre Zucht- 
haus geht, in eine kürzere Gefängnisstrafe zu verwandeln und das Delikt 
als ein politisches zu erklären, d. h. als ein solches, welches nicht den Ver- 
lust der politischen Rechte nach sich zieht. Gleichzeitig wird ein Arbeiter- 
schiedsgericht zur Schlichtung der Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und 
Arbeitnehmern eingesetzt. 
2. April. In der Zweiten Kammer sprechen sich die libe- 
ralen und konservativen Redner im allgemeinen für die Ausstands- 
vorlage aus, die Sozialdemokraten bekämpfen sie scharf. 
2. April. (Amsterdam.) Die Eisenbahnangestellten erklären 
in den Ausstand treten zu wollen, wenn ihre Führer es für nötig 
halten, um die Durchführung der Streikgesetze zu verhindern. 
6. April. Beginn des allgemeinen Ausstandes. 
Das Schutzkomitee proklamiert den Ausstand aller Angestellten im 
Verkehrswesen, der der übrigen Gewerbe soll sich anschließen. — Die Re- 
gierung läßt die Eisenbahnen militärisch bewachen: der Verkehr wird in 
wenig beschränktem Umfange aufrecht erhalten. Den Angestellten wird 
mit Entlassung gedroht, wenn sie den Dienst binnen 24 Stunden nicht 
wieder aufnehmen. 
9. April. (Zweite Kammer.) Annahme der Streikvorlage. 
Abg. Troelstra (Soz.) führt aus, daß der Grundsatz der Regie- 
rung, im öffentlichen Interesse den Ausstand des Eisenbahnpersonals zu 
bestrafen, zur Folge habe, daß man den Ausstand in allen Zweigen der 
Großindustrie bestrafen müsse und daß sich eine Strafbestimmung gegen 
Ausstände des Eisenbahnpersonals in keiner europäischen Gesetzgebung finde.
	        
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