Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunzehnter Jahrgang. 1903. (44)

Kußland. (Dezember 21.) 345 
des früheren russischen Finan ministers und jetzigen Präsidenten des Minister- 
komitees, Witte, wonach dieser im russischen Reichsrat im Januar 1901 
dem vom Kriegsminister gestellten und vom jetzigen Minister des Innern 
Plehwe unterstützten Antrag auf Umgestaltung des finnischen Wehrpflicht- 
gesetzes und Eingliederung der besonderen finnischen Truppenkörper in die 
russische Armee widersprochen hat. Witte beleuchtete die Frage vom poli- 
tischen, ökonomischen, finanziellen und nationalen Standpunkt und äußerte 
sich dabei durchaus zu gunsten Finnlands. Die Folge war, daß die Mehr- 
heit des Reichsrats, darunter mit einer Ausnahme, alle Großfürsten, gegen 
den Kriegsminister und den Minister Plehwe Stellung nahm. Der Haupt- 
inhalt der Erklärung ist folgender: Zuerst kommt die bestimmte Behaup- 
tung, daß die Entscheidung der Frage nicht durch kaiserliche Resolution 
grundsätzlich vorausgenommen sei, sondern daß der Reichsrat dieselbe in 
vollständiger Freiheit beraten könne. Dann folgt eine eingehende Wider- 
legung der Beschuldigung des Kriegsministers gegen Finnland wegen Separa- 
tismus, und beabsichtigten Abfalls; Illoyalität gegen den Kaiser aus Anlaß 
des Erlasses gegen das bis dahin geltende Wehrpflichtgesetz. Weiter kommen 
sachliche Beweise für die Unrichtigkeit ber Behauptung des Kriegsministers, 
Finnland blühe auf Kosten der russischen Staatskassen, sowie Vergleiche 
mit den Opfern, welche andere Teile des russischen Reiches von der Staats- 
kasse erheischen, während Finnland auf eigenen Füßen stehe. Zum Schluß 
wird in der Erklärung eine eindringliche Warnung gegen den Umsturz 
der Jahrhunderte alten Gesellschaftsordnung Finnlands ausgesprochen und 
geraten, das finnische Heer beizubehalten. 
21. Dezember. (Kischinew.) Wegen der Ausschreitungen 
gegen Juden werden 2 Angeklagte zu Zwangsarbeit, 22 zu Arrest 
und Gefängnis verurteilt. Alle Zivilklagen werden abgewiesen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.