Türkei. (Februar 24. Ende.) 347
Reformen erreicht werden kann, welche eine Verbesserung der Lage der
Bevölkerung in jenen Vilajets herbeizuführen geeignet sind. Wie aus den
vor kurzem von der hohen Pforte an die Botschafter in Konstantinopel
gerichteten Mitteilungen hervorgeht, erkannte die kaiserlich ottomanische
egierung selbst die Notwenigkeit, auf die Mittel bedacht zu sein, die ge-
statten würden, für eine strengere Einhaltung der Gesetze zu sorgen und
die bestehenden Mißbräuche zu beseitigen. Die Regierungen von Oester-
reich-Ungarn und Rußland, welche von dieser guten Absicht Akt nahmen,
glaubten indessen, daß es im Interesse der Aufrechterhaltung der Ruhe
und Ordnung in den erwähnten Gegenden von höchster Wichtigkeit wäre,
die neuerdings getroffenen Anordnungen zu ergänzen und von diesem Ge-
danken geleitet, gelangten sie übereinstimmend zu der Ansicht, daß es not-
wendig sei, der kaiserlich-ottomanischen Regierung die Anwendung gewisser
Maßregeln zu empfehlen, welche sich folgendermaßen resumieren lassen:
Um den Erfolg der dem Generalinspektor anvertrauten Aufgaben zu sichern,
wird dieser seinen Posten für eine Reihe von Jahren erhalten, welche im
voraus zu bestimmen ist. Vor Ablauf dieser Periode darf er nicht ab-
berufen werden, ohne daß die Mächte vorher darüber zu Rate gezogen
worden sind. Er wird das Recht haben, wenn es die Aufrechterhaltung
der öffentlichen Ruhe erfordert, über die ottomanischen Truppen zu ver-
fügen, ohne in jedem einzelnen Falle an die Zentralregierung herantreten
zu müssen. Die Valis werden verpflichtet sein, sich den Instruktionen des
Generalinspektors streng zu fügen. Für die Reorganisation der Polizei
und der Gendarmerie wird die ottomanische Regierung sich des Beistandes
auswärtiger Fachmänner zu bedienen haben. Die Gendarmerie wird aus
Christen und Muselmanen in einem der Zusammensetzung der Bevölkerung
der betreffenden Ortschaften entsprechenden Verhältnisse gebildet. Die Feld-
üter werden dort den Christen entnommen, wo die Majorität der Bevöl-
erung christlich ist. Mit Rücksicht auf die Belästigung seitens gewisser
arnautischer Uebeltäter, durch welche die Bevölkerung nur zu oft zu leiden
kat, sowie in Anbetracht dessen, daß die von letzteren begangenen Ver-
rechen und Delikte in der Mehrzahl der Fälle unbestraft blieben, wird
die ottomanische Regierung unverzüglich für Mittel sorgen, um einen
solchen Zustand zu beendigen. Da durch die infolge der letzten Unruhen
in den drei Vilajets vorgekommenen zahlreichen Verhaftungen die Gemüter
daselbst erregt wurden, wird die kaiserliche Regierung, um die Rückkehr
einer normalen Situation zu beschleunigen, allen Personen, welche wegen
politischer Delikte angeklagt oder verurteilt sind, sowie den Ausgewanderten
Amnestie gewähren. Um das regelmäßige Funktionieren der lokalen Ein-
richtungen sicher zu stellen, wird in jedem Vilajet ein Budget der Ein-
nahmen und Ausgaben aufgestellt werden. Die Einkünfte der Provinzen,
welche von der kaiserlich ottomanischen Bank zu kontrollieren sind, werden
in erster Reihe für die Bedürfnisse der Lokalverwaltung, inbegriffen die
Bezahlung der Zivil-- und Militärgehalte, bestimmt sein. Die Art der
Erhebung des Zehntes wird abgeändert und die Generalverpachtung ab-
geschafft werden. (Vgl. Laborator, Reformen in der Türkei in Preuß.
Jahrbücher Bd. 112.)
24. Februar. Die Pforte genehmigt das österreichisch-unga-
rische Reformprojekt für Makedonien.
Ende Februar. (Makedonien.) Bei Usküb kommt es zu
Zusammenstößen zwischen türkischen Truppen und Banden in bul-
garischer Uniform.