Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwanzigster Jahrgang. 1904. (45)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 16.) 5 
des Bahnnetzes und zur Unterstützung von Kleinbahnunternehmungen, 
die der wirtschaftlichen Förderung des Landes dienen, werden wieder er- 
hebliche Mittel von Ihnen erbeten werden. Ebenso wird der bereits in 
den Vorjahren beschrittene Weg einer Verbesserung der Wohnungsverhält- 
nisse der in Staatsbetrieben beschäftigten Arbeiter und der gering besol- 
deten Beamten in einer neuen Gesetzesvorlage weiter verfolgt. Zu Meiner 
lebhaften Befriedigung hat die vorjährige große Ausstellung der Deutschen 
Landwirtschaftsgesellschaft Meine Ueberzeugung gefestigt, daß die landwirt- 
schaftliche Bevölkerung aller Provinzen tatkräftig bestrebt ist, die Errungen- 
schaften von Wissenschaft und Praxis zu nützen und so in hartem Kampfe 
die Erträge des heimatlichen Bodens zu mehren. Mit um so größerer 
und schmerzlicher Teilnahme erfüllte Mich die Heimsuchung mehrerer öst- 
lichen Provinzen, namentlich Schlesiens, durch verheerende Hochwasser. Zur 
Linderung der Schäden sind Staatsmittel in erheblichem Umfange bereit 
gestellt werden, für deren Verwendung Ihre nachträgliche Zustimmung 
eingeholt wird. Den Gegenstand Meiner besonderen Fürsorge bildet das 
Bestreben, die Hochwassergefahren durch Ausbau der Flüsse und zweck- 
mäßige Gestaltung ihres Ueberschwemmungsgebietes dauernd zu vermindern. 
Daher wird Ihnen ein Gesetzentwurf alsbald zugehen, worin für eine 
Lerbesserung der Vorflut an der unteren Oder und Havel, sowie an der 
Spree die Mittel gefordert werden. Ein weiterer Gesetzentwurf für die 
Regelung der Hochwasserverhältnisse an der oberen und mittleren Oder ist 
in Vorbereitung. Er wird Ihnen nach Fertigstellung vorgelegt werden. 
Auch eine allgemeine gesetzliche Regelung der Freihaltung des Ueber- 
schwemmungsgebietes der Flüsse ist beabsichtigt. Ferner wird von Ihnen 
die Bewilligung der Kosten für die notwendige Ergänzung des Netzes der 
Binnenwasserstraßen beantragt werden. Im Hinblick auf die erheblichen 
Staatsmittel, die der unaufschiebbare Schutz gegen Hochwassergefahren er- 
heischt, beschränken sich diese Forderungen auf den Ausbau der dringlichsten 
Wasserstraßen im Osten und Westen der Monarchie, und zwar auf den 
Ausbau des Großschiffahrtsweges Berlin-Stettin, die Kanalisation der Oder 
von der Mündung der Glatzer Neisse bis Breslau, die Verbesserung der 
Oder-Weichsel-Wasserstraße, einschließlich der Warthe, und auf die Her- 
stellung einer Schiffahrtsstraße vom Rhein bis nach Hannover. In der 
Ausführung dieser Vorlagen erblicke Ich eine der volkswirtschaftlich wich- 
tigsten Aufgaben unserer Zeit. Zwei großen Staatsinteressen soll in gleichem 
Maße gedient werden: dem Schutz und der Förderung, deren die Land- 
wirtschaft bedarf, wie der Sicherung und Befestigung der Stellung, welche 
Handel und Industrie in rastloser Arbeit sich errungen haben. Mit Ver- 
trauen und Zuversicht sehe Ich dem Verlauf Ihrer Beratungen entgegen. 
Die beiden Häuser des Landtags wird fortan ein Heim vereinigen. Möge 
der gemeinsamen Arbeit an gemeinsamer Stätte ein voller Erfolg be- 
schieden sein! 
16. Januar. Das Preußische Herrenhaus wählt den 
Fürsten Inn- und Knyphausen, Freiherrn v. Manteuffel und Ober- 
bürgermeister Becker-Köln zu Präsidenten. 
16. Januar. (Baden.) Die Zweite Kammer fordert ein- 
stimmig die Regierung auf, auf Einstellung ausreichender Mittel 
in den Reichshaushalt hinzuwirken, daß alle wegen Erwerbsunfähig- 
keit als unterstützungsbedürftig anerkannten Kriegsveteranen die 
Unterstützung von 120 Mark jährlich auch wirklich erhalten können. 
 
	        
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