Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwanzigster Jahrgang. 1904. (45)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Oktober 13.) 135 
Verständigung über die Grundzüge eines bezüglichen Uebereinkommens 
nachstehende Bereinbarung getroffen: Art. 1. Seine hochfürstliche Durch- 
laucht der Fürst zur Lippe werden ein Thronfolgegesetz erlassen, in welchem 
für den Fall des Erlöschens des regierenden fürstlich lippeschen Hauses im 
Mannesstamm das ausschließliche Successionsrecht des fürstlichen Hauses 
Schaumburg-Lippe anerkannt wird. Art. 2. Da Seine hochfürstliche Durch- 
laucht der Fürst zur Lippe mit Rücksicht auf die bestehende Reichsverfassung 
das Fürstentum Lippe als souveränen Bundesstaat erhalten zu sehen wün- 
schen, so wird in diesem Thronfolgegesetz bestimmt werden, daß für den 
Fall des Aussterbens der regierenden Linie des fürstlich lippeschen Hauses 
die Succession im Fürstentum Lippe auf einen nachgeborenen Prinzen des 
fürstlich schaumburg-lippeschen Hauses und zwar auf Seine Durchlaucht den 
Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe übergehen soll. Art. 3. Selbstver- 
ständlich soll der künftig im Fürstentum Lippe regierenden Linie aus dem 
schaumburg-lippeschen Hause ihr eventuelles Successionsrecht im Fürstentum 
Schaumburg-Lippe unverändert erhalten bleiben; dasselbe gilt bezüglich 
der eventuellen Successionsrechte im Fürstentum Lippe für die Nachkommen 
der älteren Brüder Seiner Durchlaucht des Prinzen Adolf zu Schaumburg- 
Lippe im Falle des Aussterbens der durch den letzteren begründeten fürst- 
lich lippeschen Linie. Art. 4. Mit dem Aussterben der jetzt regierenden 
Linie des fürstlichen Hauses zur Lippe soll die Eigenschaft als Chef des 
fürstlich lippeschen Gesamthauses, welche bisher dem regierenden Fürsten 
zur Lippe zukam, auf den regierenden Fürsten zu Schaumburg-Lippe über- 
gehen. Art. 5. Die Bestimmungen dieses Vertrages sollen den Inhalt eines 
besonderen, von Seiner hochfürstlichen Durchlaucht dem Fürsten zur Lippe 
der Landesvertretung im Fürstentum Lippe zur Beratung und Entschließung 
vorzulegenden Thronfolgegesetzes bilden. Art. 6. Seine hochfürstliche Durch- 
laucht der Fürst zu Schaumburg-Lippe erklären Höchstihre Bereitwilligkeit, 
das in Art. 5 erwähnte, auf Grundlage und nach Inhalt dieses Vertrages 
zu erlassende Thronfolgegesetz im Fürstentum Lippe nach dessen Zustande- 
kommen anzuerkennen. Art. 7. Dieser Vertrag wird mit beiderseitiger 
Uebereinstimmung bis zur Vollziehung des für das Fürstentum Lippe zu 
erlassenden Thronfolgegesetzes geheim gehalten. Detmold, 27. Januar 
1886. Woldemar, Fürst zur Lippe (Siegel), Frhr. v. Richthofen, fürst- 
licher Kabinettsminister. Bückeburg, 29. Januar 1886. Adolf Georg, Fürst 
zu Schaumburg-Lippe (Siegel), Spring, Präsident der fürstlichen Landes- 
regierung. 
Die unterzeichneten Agnaten des hochfürstlichen schaumburg-lippeschen 
Hauses bekennen durch Vollziehung Höchstihrer eigenhändigen Namensunter- 
schrift hierunter, daß sie von dem vorstehenden, zwischen ihren hochfürst- 
lichen Durchlauchten dem regierenden Fürsten Günther Friedrich Woldemar 
zur Lippe und dem regierenden Fürsten Adolf Georg zu Schaumburg- 
Lippe abgeschlossenen Successionsvertrage, datiert Detmold, 27. Januar 1886 
und Bückeburg, 29. Januar 1886, Kenntnis genommen und dem Inhalte 
in allen Teilen Höchstihre Zustimmung erteilten, auch das auf Grundlage 
und nach Inhalt dieses Vertrages demnächst beim Landtage des Fürsten- 
tums Lippe zur Vorlage gelangende Thronfolgegesetz nach dessen Zustande- 
kommen anerkennen wollen. Bückeburg, 28. März 1886. Georg, Erbprinz 
zu Schaumburg-Lippe. Hermann, Prinz zu Schaumburg-Lippe. Otto, 
Prinz zu Schaumburg-Lippe.“ 
Dieser Vertrag beweist nach den Ausführungen Gevekots die Not- 
wendigkeit der Regierungsvorlage. Trotzdem lehnt der Landtag die Re- 
gierungsvorlage mit 10 gegen 7 Stimmen ab und wird hierauf für un- 
bestimmte Zeit vertagt. 
 
	        
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