166 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 5./10.)
sendungen, die behufs rascher Niederwerfung des Aufstandes von zuständiger
militärischer Seite für notwendig erklärt werden würden, ebenso wie für
die Kosten, die aus diesen Maßnahmen zur Bekämpfung des Aufstandes
ervorgehen würden. Wenn wir dieses hohe Haus für diesen Zweck nicht
schon im Sommer einberufen haben, so geschah es, weil damals und auch
im Frühherbst die Lage der Dinge in Südwestafrika sich nicht übersehen
ließ und weil wir nach der Haltung, die das Haus eingenommen hatte,
uns der Erwartung hingeben durften, daß es diejenigen Maßnahmen
billigen würde, die wir getroffen haben. Wir haben mit jeder denkbaren
Beschleunigung vom ersten Tage des Aufstandes an und bis zu diesem
Augenblick alle Truppen und Hilfsmittel nach Südwestafrika gesandt, die
von militärischer Seite für notwendig erachtet wurden. Es hat sich heraus-
gestellt, daß wir gegen einen weit zahlreicheren, besser bewaffneten, besser
organisierten, besser geführten Feind zu kämpfen hatten, als auch von den
Kennern des Landes vorher angenommen worden war. Der Aufstand in
Südwestafrika hat dem deutschen Volke große Opfer auferlegt, große, sehr
schwere, sehr schmerzliche Opfer an Gut und auch an Blut. Um so be-
wundernswerter ist das Verhalten derjenigen, die freiwillig sich zum Dienst
im fernen Lande bereit fanden. Ich danke dem Herrn Abg. Spahn für
die Art und Weise, wie er unserer in Afrika fechtenden Krieger gedacht
hat. Wir verdanken es der Ausdauer, der Tapferkeit der Mannschaften,
wir verdanken es der umsichtigen Führung des Generals von Trotha, wir
verdanken es der Tüchtigkeit der Offiziere, wenn von einer Beendigung
der Kampagne im Hererolande gesprochen werden kann. Der Widerstand
der Herero ist jetzt gebrochen. Allerdings ist unseren Truppen eine neue
und schwere Aufgabe gestellt worden, und es hat ein neuer und schwerer
Schlag Südwestafrika getroffen durch den Aufstand der Witbois und
anderer Stämme. Dadurch ist eine Teilung unserer Truppenmacht in
unserem Schutzgebiete erforderlich geworden, und wir haben wieder den
Verlust von Menschenleben zu beklagen. Vor allem handelt es sich darum,
in dem verwüsteten Gebiete Sicherheit und Ordnung wieder herzustellen.
Sicherheit für Leben und Eigentum sind die unerläßlichen Voraussetzungen
für die Wiederaufnahme jedes geordneten wirtschaftlichen Betriebes. Eins
aber möchte ich ausdrücklich sagen: wir sind weder so grausam, noch sind
wir so töricht, die einzige Möglichkeit der Wiederherstellung geordneter
Zustände darin zu erblicken, daß die jetzt aus den Wüsten des Sandfeldes
hervorströmenden halbverhungerten und verdursteten Hererobanden erbar-
mungslos niedergeknallt werden. Davon kann keine Rede sein. Gewiß,
ich halte es für unsere heilige Pflicht, die Wiederkehr eines solchen Auf-
standes für alle Zeit unmöglich zu machen. Ich glaube aber, daß in Zu-
kunft keine Feuerwaffe in den Händen eines Eingeborenen bleiben darf.
(Hört, hört!) Ich glaube auch, daß die Ausübung der Kapitänschaft, die
allein die Geheimhaltung der weitverzweigten Vorbereitungen des Auf-
standes ermöglicht hat, aufhören muß. Aber von einer Ausrottung der
Eingeborenen kann, abgesehen von allen Gründen der Menschlichkeit, die
wir immer hochhalten werden, schon aus der praktischen Erwägung nicht
die Rede sein, daß wir die Eingeborenen für jede Art des wirtschaftlichen
Betriebes in Südwestafrika, für die Landwirtschaft, für die Viehzucht, ins-
besondere für den Bergbau nicht entbehren können. Auch darüber wird
kaum ein Zweifel walten können, daß wir in Südwestafrika eine Truppen-
macht halten müssen, die stark genug ist, um jeden neuen Aufstandsversuch
im Keime zu ersticken. Dann hat Herr Bebel auch wieder gesagt, der
Wert von Südwestafrika sei ein sehr geringer, es sei eine Sandwüste, die
aller für sie gemachten Aufwendungen spotte. Das ist nicht die Ansicht