Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwanzigster Jahrgang. 1904. (45)

176 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 17.—27.) 
Der Vertrag bildet den Abschluß einer umfassenden Grenzrevision, 
welche innerhalb der letzten sechs Jahre stattgefunden und sich auf die ge- 
samte bayerisch-württembergische Landesgrenze mit Ausnahme der Iller- 
grenze, sonach auf ca. 600 Kilometer, erstreckt hat. Gelegentlich der Re- 
vision ist eine fast vollständige Neuvermessung der Grenze und eine tri- 
gonometrische Bestimmung der wichtigeren Grenzpunkte vorgenommen 
worden. Auch ist der gesamte Grenzlauf in Handrissen niedergelegt wor- 
den, welche fortan als gemeinsame Grenzkarte gelten und im Staatsvertrag 
als maßgebend bei etwaigen Zweifeln über den Grenzverlauf erklärt worden 
sind. Außerdem sind in dem Staatsvertrage zum Zwecke der Grenzberei- 
nigung verschiedene, sich wechselseitig ausgleichende Gebietsabtretungen ver- 
einbart worden. 
17. Dezember. (Württemberg.) Verfassungsänderung. 
Der „Schwäbische Merkur“ teilt folgenden Plan der Regierung mit: 
Die Erste Kammer soll künftig aus 48 Mitgliedern bestehen, und zwar aus 
4 Prinzen, 20 Standesherren, 6 vom König gewählten lebenslänglichen 
Mitgliedern, 6 ritterschaftlichen Abgeordneten, 2 Prälaten, dem Präsidenten 
des Konsistoriums, dem ersten Präsidenten der evangelischen Landessynode, 
dem katholischen Bischof, dem ältesten Domkapitular, dem Rektor der Uni- 
versität, dem Rektor der technischen Hochschule und je einem Vertreter der 
Landwirtschaft, des Handels, der Handwerker und der Arbeiterschaft; die 
letzteren sind von den Handels- und Gewerbekammern, bezw. durch die 
zukünftigen Gewerkschafts- und Arbeitskammern zu wählen. Die Zu- 
sammensetzung der Zweiten Kammer soll folgende sein: Abgeordnete der 
Landämter, der großen Städte, ferner 3 Abgeordnete der Stadt Stuttgart 
und 19 Abgeordnete, welche durch Kreiswahlen zu wählen sind, im ganzen 
93 Abgeordnete. 
Mitte Dezember. Durch die Presse gehen Nachrichten, daß 
die Beziehungen zwischen Deutschland und England äußerst ge- 
spannt seien. 
21. Dezember. (Berlin.) Die Handelsvertragsverhandlungen 
mit Österreich-Ungarn werden wieder aufgenommen. 
Ende Dezember. (Preußen.) Im Ruhrrevier macht sich 
eine lebhafte Bewegung unter den Bergleuten gegen Mißstände im 
Löhnungswesen geltend. 
27. Dezember. Eine deutsche Gesandtschaft, die wirtschaft- 
liche Beziehungen mit Abesfinien anknüpfen soll, geht in Genua 
in See. 
27. Dezember. Errichtung einer Kolonialkasse. 
Der „Reichsanzeiger“ macht bekannt, daß die angekündigte Teilung 
der Legationskasse des Auswärtigen Amtes in zwei Abteilungen erfolgt ist. 
Die erste Abteilung besorgt die Kassengeschäfte des Auswärtigen Amtes im 
engeren Sinne, die andere Abteilung die der Kolonialverwaltung. Dem- 
entsprechend wird künftig auch die Bezeichnung der Abteilungen sein. — 
Diese Aenderung gilt als der erste Schritt zur Absonderung der Kolonial- 
verwaltung vom Auswärtigen Amt und zur Errichtung eines selbständigen 
Kolonialamtes. 
 
	        
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