Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwanzigster Jahrgang. 1904. (45)

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dene neue Marineerfordernisse, so daß das Gesamterfordernis für die Kriegs- 
marine 120 956.000 Kronen enthält, wovon für 1904 12500000, für 1905 
62676000 Kronen, zusammen 75 176000 Kronen in Anspruch genommen 
werden, während der Rest in den folgenden Jahren nach Maßgabe der 
Dringlichkeit eingefordert werden würde. Eine amtliche Darlegung besagt: 
Neue Kanonenbeschaffung und modernes Kriegsmaterial, kriegsmäßige Durch- 
führung der begonnenen Schiffsbauten bilden die Begründung der gestellten 
Forderungen, die nicht als zu weitgehend bezeichnet werden können, wenn 
die Vorsorge für die Bewaffnung und Ausrüstung der übrigen Heere zum 
Vergleich herangezogen wird. Jeder Staat mufß den technischen Fortschritten 
Rechnung tragen und sich bemühen, mit den anderen gleichwertigen Staaten 
Schritt zu halten. Das ist bei uns um so notwendiger, als viele Staaten 
der österreichisch-ungarischen Monarchie bereits voraus sind. Die Sachlage 
zwingt die kaiserlich-königliche Heeresverwaltung zu größerer Beschleunigung 
in der Durchführung von Neuanschaffungen und Verbesserungen. Ein Blick 
auf den Krieg in Asien zeigt, wie großen Wert die rechtzeitige militärische 
Vorbereitung hat. 
16. Mai. (Pest.) Minister des Auswärtigen Goluchowski 
gibt in der österreichischen Delegation eine Ubersicht der auswär- 
tigen Lage (Verhältnis zu Italien und Deutschland, Balkanfrage, 
ostafiatischer Krieg, Handelsverträge): 
Die Situation hat seit der letzten Tagung der Delegationen eine 
nennenswerte Aenderung kaum erfahren. Wenn ich die Beziehungen so- 
wohl zu unseren Verbündeten als zu allen übrigen Mächten als vortreff- 
lich bezeichne, illustriere ich damit getreuest den erfreulichen Zustand der 
Monarchie nach außen hin. Die im jüngsten Exposé erwähnten bedauer- 
lichen Treibereien in Italien dürften bei der bundestreuen Gesinnung der 
jetzigen Regierung wohl der Vergangenheit angehören. Meine Begegnung 
in Abbazia mit dem italienischen Minister des Auswärtigen, Hrn. Tittoni, 
bestärkte mich in der Erkenntnis, daß man in Rom die Pflege inniger, 
vertrauensvoller Beziehungen nicht minder hoch bewertet, als hier in 
der Erkenntnis der Notwendigkeit loyaler Gegenseitigkeit. Meine Aus- 
sprache mit Tittoni bewegte sich im Rahmen jener konservativen Grund- 
sätze, welche unsere Politik beherrschen und die sich auch Italien speziell hin- 
sichtlich der Balkanfragen zu eigen machte. Hierin liegt eine nicht zu 
unterschätzende Friedensbürgschaft, eine vermehrte Garantie für die ruhige 
Entwicklung der Zustände unseres Kontinentes. Die jüngste Verständigung 
zwischen England und Frankreich bildet ein weiteres Glied der Abmach- 
ungen, die den friedlichen Zusammenschluß der europäischen Mächte fester 
schmieden soll. Diesen erfreulichen Erscheinungen gegenüber steht vom 
humanitären Standpunkte aus der betrübende Kampf im fernen Osten, der 
mit Rücksicht auf seine unermeßbare Dauer und die wirtschaftliche De- 
pression, die er im Gefolge haben wird, auch für die nicht direkt Be- 
teiligten empfindlich zu werden droht. Zu der unvermeidlichen Stockung 
des freien Handelsverkehrs gesellt sich in diesem Falle die ungewöhnliche 
Ausdehnung, welche die Kriegführenden dem Begriffe Kriegskontrebande 
beilegen, was auch auf den internationalen Handel tief eingreifend wirkt, 
so daß es sich vielleicht empfehlen würde, dem Uebelstande im Einver- 
nehmen der Mächte durch Festsetzung gewisser Normen für die Zukunft zu 
steuern. Die österreichisch-ungarische Monarchie wird dem Konflikte gegen- 
über strikte Neutralität einhalten. Da auch die anderen Mächte eine gleiche 
Haltung eingenommen haben, kann darauf gerechnet werden, daß der
	        
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