194 Jie lsterreichisch-ungarische Menuchie. (Juni 18.—Juli Ende.)
Die Regierung hält an der Gemeinsamkeit der Armee und ihrer
einheitlichen Führung fest. Unser Bestreben war darauf gerichtet, daß,
ohne die Einheitlichkeit ihrer Führung zu beeinträchtigen, das in seiner
Gesinnung und Sprache ungarische Offizierkorps der ungarischen Regi-
menter einen seiner würdigen Platz in der gemeinsamen Armee einnehme.
Wir führten durch, daß das gemeinsame Heer durch die Anwendung der
ungarischen Sprache als Regimentssprache für Zwecke der Ausbildung sich
einfügt in den Rahmen jener nationalen Politik, durch die wir das Ungar-
tum kräftigen. Durch diese Reform wird die gemeinsame Armee sein, was
sie sein soll, gemeinsam in Herz und Geist, deren ungarischer Teil mili-
tärisch ganz in dem gemeinsamen Heere aufgeht, jedoch sein Ungartum in
Herz und Seele und die Anhänglichkeit an seine Nation aufrecht erhält.
18. Juni. (Ungarn.) Die Führer des Eisenbahnarbeiter-
ausstands (S. 187), die unter Anklage gestellt worden waren,
werden freigesprochen.
29. Juni. Budgetprovisorium und Ouotenbestimmung.
Die amtliche „Wiener Zeitung“ veröffentlicht eine kaiserliche Ver-
ordnung, durch welche auf Grund des § 14 das Budgetprovisorium für
Cisleithanien bis zum Schluß des Jahres 1904 in Kraft gehalten wird.
Ferner veröffentlicht das Blatt ein kaiserliches Handschreiben, durch welches
die Quote bis Ende Juni 1905 nach Abzug des zweiprozentigen Prä-
zipuums auf 664/9 für die österreichischen und auf 33⅜⅛¼9 für die unga-
rischen Länder festgesetzt wird.
6. Juli. (Tirol.) Demonstrationen italienischer Studenten
in Innsbruck gegen die Zusammensetzung der Staatsprüfungs-
kommission führen zu großen Tumulten.
Juli. (Galizien.) Ausstand der Arbeiter in den Petroleum-
gruben in Boryslaw.
22. Juli. (Ungarn.) Das Abgeordnetenhaus genehmigt
nach mehrtägiger lebhafter Beratung eine Erhöhung der Zivilliste
mit 154 gegen 66 Stimmen.
Die Vorlage wird begründet mit der Notwendigkeit einer Erhöhung
der Gehälter der königlichen Beamten und Diener, mit umfangreichen
Bauten bei der Ofener Burg, ferner mit der Einrichtung einer ungarischen
Trabanten-Leibgarde. Diese Unkosten hätten bei der jetzigen Zivilliste ein
Defizit verursacht, zu dessen Deckung das Barvermögen des Herrscherhauses
herangezogen werden mußte.
W. Juli. (Cisleithanien.) Die Alldeutsche Vereinigung,
die 14 Mitglieder zählt, löst sich auf Vorschlag ihres Führers
Schönerer auf. Es wird nur ein gemeinsames Handeln „von Fall
zu Fall“ vorbehalten.
Ende Juli. (Niederösterreich.) Es wird eine neue Ge-
meindeordnung eingeführt, die das allgemeine Wahlrecht in vier
Abstufungen enthält. Es wird davon eine Stärkung der christlich-
sozialen Partei erwartet.