Pie Merreichisch-ungarische Monartzie. (September 30. Oktober 6.) 197
netenhauses des Reichsrates wurde der von der Regierung eingebrachte
Entwurf eines Gesetzes betr. die Errichtung einer selbständigen rechts- und
staatswissenschaftlichen Fakultät mit kalienifszer. Vortragssprache in Rovereto
bis zum Beginn des Studienjahres 1904/05 der verfassungsmäßigen Be-
handlung nicht unterzogen. Im Interesse einer ungestörten Lösung der
der Innsbrucker Universität obliegenden wissenschaftlichen und didaktischen
Aufgaben erscheint es daher geboten, in Bezug auf die für Rechtshörer
italienischer Nationalität daselbst vorhandenen Studien- und Prüfungs-
einrichtungen derzeit wenigstens eine interimistische Regelung eintreten zu
lassen, die im Rahmen der bestehenden Vorschriften und unter voller Wah-
rung des deutschen Charakters der Innsbrucker Universität den zu tage
getretenen Schwierigkeiten und Bedürfnissen genügend Rechnung trägt und
die unbedingt nur so lange zu dauern hätte, als die Frage des italieni-
schen Hochschulunterrichtes ungeachtet der auf die rascheste Lösung derselben
gerichteten Bemühungen der Regierung im legislativen Wege ihre end-
gültige Erledigung nicht gefunden haben wird.
30. September. (Galizien.) Im Landtag protestiert der
Ruthenenklub scharf gegen die Zurücksetzung der ruthenischen Nation
durch die polnische Majorität.
6. Oktober. Marinekommandant Frhr. v. Spaun tritt zurück.
Sein Nachfolger wird Vizeadmiral Graf Montecrccoli.
Oktober. (Dalmatien.) Sämtliche Abgeordnete demon-
strieren gegen den Statthalter Frhrn. v. Handel, dem vorgeworfen
wird, die dalmatinische Nation beleidigt zu haben. Der Landtag
wird geschlossen.
Oktober. (Ungarn.) Pläne Tiszas, die parlamentarische
Geschäftsordnung zu ändern.
Ministerpräsident Graf Tisza richtet einen offenen Brief an seine
Wähler, in dem er ausführt, daß die hochherzige Initiative des Königs
militärische Reformen eingeleitet habe, die einen Triumph der vieljährigen
Bestrebungen der ungarischen Nation bedeuteten. Zugleich habe jedoch der
König die Nation ermahnt, nicht durch eine Erneuerung von vergeblichen
Kämpfen die alten Gegensätze einer düsteren Vergangenheit wieder hervor-
zurufen. Es sei wohl derzeit die verfassungsmäßige Ordnung wiederher-
gestellt, doch stehe die parlamentarische Ordnung auf sehr schwanker Grund-
lage, indem selbst eine an Zahl sehr geringfügige, durch Zufall geeinigte
Gruppe die Geschäftsführung des Abgeordnetenhauses vollständig vereiteln
und sie zum Stillstand bringen könne. Es wäre ein sträflicher Leichtsinn,
wenn man die gegenwärtige Periode der Ruhe nicht benützen würde, um
die parlamentarische Ordnung auf eine sichere Grundlage zu stellen. Wohl
dürfe man die Redefreiheit nur im Falle einer gebieterischen Notwendigkeit
einer Beschränkung unterwerfen, andererseits dürfe man das Schicksal des
Abgeordnetenhauses nicht der Laune geringfügiger Gruppen ausliefern; die
Frage der parlamentarischen Geschäftsführung sei keine Parteifrage. Es
sei möglich, daß diejenigen Elemente, die nur in Zeiten einer parlamen-
tarischen Anarchie zur Geltung gelangen können, die Bemühungen der Re-
gierung mit der ganzen Wildheit des bedrohten Selbsterhaltungstriebes ver-
eiteln wollen. Allein er hoffe zuversichtlich, daß die große Mehrheit der
Nation im Kampfe für die Freiheit, Ordnung und Würde des Parlaments
auf der Seite der Regierung stehen werde.