Bie Herrrichis####sche Mosnarchie. (Oktober 20.) 199
geringsten Anlaß bot. Auch dieser Landtag wird vorzeitig geschlossen
werden müssen. In Galizien stehen die Dinge etwas günstiger. Es ist
dort diesmal wenigstens nicht zum Ausbruch des nationalen Streites ge-
kommen, freilich nur deshalb, weil die Ruthenen sich zum Teil demon-
strativ von den Sitzungen fernhalten.
20. Oktober. (Cisleithanien.) Das katholische Zentrum
beschließt über eine Vereinigung mit den Christlich-Sozialen:
Der Zentrumsklub hat immer eine Vereinigung aller wahrhaft ka-
tholischen Männer für eine Notwendigkeit gehalten, um vereint den Kampf
gegen die zunehmende Entchristlichung zu führen, sowie für eine wahrhaft
christliche und soziale Reform der Gesellschaft einzutreten. Er begrüßt und
unterstützt daher seinerseits auch jede ernstgemeinte Annäherung zwischen
dem Zentrumsklub und der Christlichsozialen Vereinigung, um gemeinschaft-
lich einem solchen Ziele zuzustreben. Der Klub erklärt jedoch mit tiefem
Bedauern, daß die Sprache einzelner Organe und Persönlichkeiten, welche
die Anhänger und Parteigänger der katholisch-konservativen Partei mit
roßer Leidenschaftlichkeit bekämpfen, diese Annäherung sehr erschwert. Der
Klubd beschließt, den Obmann mit der Aufgabe zu betrauen, Mittel und
Wege zu suchen, um die Erreichung dieses allen erstrebenswerten Zieles
möglich zu machen.
20. Oktober. (Ungarn.) Dem Reichstag wird ein neues
Volksschulgesetz vorgelegt. — Bedrohung der Nationalitäten. —
Nationale Statistik.
Der Lehrplan der Volksschule wird für sämtliche Anstalten, gleich-
viel ob staatlich oder nicht staatlich, durch die Gegenstände „ungarische (das
heißt magyarische) Sprache“ und „ungarische Geographie und Geschichte“
erweitert. In den staatlichen Volksschulen kann der Religionsunterricht
auf Wunsch der Kirchenbehörden auch in der Muttersprache der Kinder er-
teilt werden. Die Unterrichtssprache der nichtstaatlichen Volksschulen wird
von den Erhaltern derselben festgesetzt. Wenn aber wenigstens zwanzig
Prozent der in einer Volksschule eingeschriebenen Kinder oder wenigstens
zwanzig von den Kindern magyarische Muttersprache haben, so ist in diesem
Falle die magyarische Sprache als Unterrichtssprache zu benützen. Die
Wiederholungsschulen müssen sämtlich magyarische Unterrichtssprache haben.
Der Lehrplan der konfessionellen Schulen muß vom Unterrichtsminister
gutgeheißen werden, ebenso werden die Schulbücher, Schulmittel und Schul-
bibliotheken in der Richtung geprüft, ob sie nicht etwas enthalten, was
zum Haß gegen das ungarische Vaterland oder gegen Mitglieder der unga-
rischen Nation führen könnte. In den nichtmagyarischen Schulen sind deren
Erhalter verpflichtet, für den Erfolg des Unterrichts in der maggyarischen
Sprache durch Anstellung von Lehrkräften zu sorgen, die dieser speziellen
Aufgabe voll gewachsen sind. Die Bestimmungen in betreff der Lehrer-
präparandien werden dadurch ergänzt, daß in solche Anstalten nur magya-
risch sprechende Kandidaten ausgenommen werden können, ferner, daß auch
in den konfessionellen Lehrerpräparandien, welche das Magyarische nicht
als Unterrichtssprache haben, die Lektionen betr. ungarische Sprache, unga-
rische Literatur, Geographie, Geschichte und Verfassungskunde Ungarns in
ungarischer Sprache erteilt werden müssen. Die Befähigungsprüfungen
sämtlicher Lehrer werden von einer staatlichen Kommission in magyarischer
Sprache vorgenommen. Im Falle die Regierung von einer staatsfeind-
lichen Richtung in einer unter kirchlicher Leitung stehenden Lehrerpräparandie