16 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 27.)
sagt auf einem Festmahl zur Kaisergeburtstagsfeier über die Ope-
ration des Kaisers (vgl. 1903):
Meine Herren, als ich mit den beiden Herrn Vizepräsidenten die
Ehre hatte, Sr. Majestät nach Konstituierung des Reichstages uns vorzu-
stellen, hatte ich natürlich auch Veranlassung genommen, ihm zu seiner
Genesung und dazu zu gratulieren, daß das Uebel unschuldiger Art und
ohne böse Folgen sein würde. Ich habe daran die Bemerkung geknünpft,
daß es außerordentlich gütig und weise von Sr. Majestät gewesen wäre,
daß er mit den ersten Nachrichten, die in das Publikum drangen über
seine Krankheit, auch die Gutachten von ärztlichen Autoritäten publizierte,
welche das Publikum zu beruhigen geeignet waren. Da antwortete Se.
Majestät: „Ja, Sie haben's gut gehabt, Ich bin aber zwei Monate herum-
gegangen, ohne zu wissen, ob die Sache gutartig oder bösartig wäre.“ —
Meine Herren, welch großartige Auffassung! Zwei Monate ist der Kaiser
herumgegangen in der Ungewißheit, ob er den Keim eines tödlichen Uebels
in sich trüge oder nicht! Während dieser Zeit hatte er immer seine kaiser-
lichen Pflichten erfüllt, und niemand ist auf den Gedanken gekommen, daß
ein schweres Uebel den Kaiser bedrohte. Ich deutete dies auch in der
Unterredung mit Sr. Majestät dahin an, daß ich sagte: „Und noch kurz
vor der Operation haben Majestät die bedeutungsvollen Zusammenkünfte
mit dem Kaiser von Rußland gehabt!“ Da sagte der Kaiser ganz einfach,
wie ein Familienvater: „Nun ja, wenn's was Böses gewesen wäre, dann
wollte ich doch meinem Sohn angenehme nachbarliche Verhältnisse hinter-
lassen.“ Meine Herren, in diesem Detail habe ich die Sache noch nie vor
einer größeren Versammlung vorgetragen. Die beiden Herren Vizepräsi-
denten können mir aber bestätigen, daß die Sache so ist. Meine Herren,
welche hohe Ergebung in den Willen Gottes liegt in diesem Ausspruche
unseres kaiserlichen Herrn. Er, auf dem mächtigsten Trone der Welt, um-
geben von den reinen Freuden, welche die Familie bietet, ist ergeben in
Gottes Willen, falls er ihn abberuft, und nur darum besorgt, daß er
seinem Nachfolger angenehme nachbarliche Verhältnisse hinterläßt. Es ist
das ein so hoher sittlicher und christlicher Standpunkt, daß man nur voller
Bewunderung zu dem Herrn aufsehen und sagen kann: „Möge Gott es
mir auch geben, daß ich mich bei gleicher Gelegenheit ebenso benehme.“
(Lebhafte Zustimmung.)
27. Januar. Der Kaiser erläßt folgende Ordre über die
Ausbildung im Admiralstabsdienst:
„Der Chef des Admiralstabes der Marine ist Mir verantwortlich
für die Fortentwicklung der dem Admiralstabe zugeteilten Offiziere im
Admiralstabsdienst, auch hat derselbe, im Einvernehmen mit den beteiligten
Dienststellen, für die Pflege des Admiralstabsdienstes im Seeoffizierkorps
Sorge zu tragen. Hierzu bestimme Ich folgendes: 1. Die für die Tätig-
keit im Admiralstabsdienst vornehmlich bestimmten Offiziere — Chefs der
Stäbe und Admiralstabsoffiziere an Bord und am Lande sowie die Lehrer
im Admiralstabsdienst und Seekriegslehre an der Marineakademie — werden
dem Admiralstabe der Marine zugeteilt, ohne daß hierdurch an ihrem
Unterstellungsverhältnis etwas geändert wird. 2. Vom Chef des Admiral-
stabes ressortieren die Admiralstabsreisen. Das auf etwaigen Uebungs-
reisen bei anderen Behörden entstehende Material ist, soweit es für den
Admiralstab von Interesse ist, dem Chef des Admiralstabes zuzustellen.
3. Der Chef des Admiralstabes erhält zweite Ausfertigungen der von den
nächsten Dienstvorgesetzten aufgestellten terminmäßigen Qualifikationsberichte