282 Nußland. (Februar 9.)
Vorwande, das Gleichgewicht und eine festere Ordnung an den Ufern des
Stillen Ozeans herzustellen, an die kaiserliche Regierung mit dem Vor-
schlage, die gegenwärtigen Verträge mit Korea zu revidieren. Rußland
willigte ein. Auf kaiserlichen Befehl wurde, infolge der zu dieser Zeit er-
folgten Errichtung der Statthalterschaft im fernen Osten, die Ausarbeitung
des Projektes eines neuen Einverständnisses mit Japan dem Generaladju-
tanten Alexejew übertragen unter Mitwirkung des russischen Gesandten in
Tokio, Baron Rosen, dem die Unterhandlungen mit der japanischen Re-
gierung übertragen wurden. Ungeachtet dessen, daß der Meinungsaustausch
über diesen Gegenstand mit dem Kabinett in Tokio einen freundschaftlichen
Charakter erhielt, versuchten japanische gesellschaftliche Kreise, sowie lokale
und ausländische Blätter auf jede Weise unter den Japanern eine kriege-
rische Stimmung hervorzurufen und die Regierung zu einem bewaffneten
Streite mit Rußland zu bringen. Unter dem Einflusse einer solchen Stim-
mung fing das Kabinett in Tokio an, immer größere und größere Forde-
rungen in den Unterhandlungen zu stellen, und traf gleichzeitig die um-
fangreichsten Maßnahmen, um das Land kriegsbereit zu machen. Alle
diese Umstände konnten selbstverständlich die Ruhe Rußlands nicht stören,
bewogen jedoch dasselbe, auch seinerseits die bezüglichen Anordnungen für
das Heer und die Marine zu treffen. Dessen ungeachtet widmete Rußland,
von dem aufrichtigen Wunsche beseelt, den Frieden im fernen Osten zu er-
halten, soweit es seine unbestreitbaren Rechte und Interessen erlaubten,
den Kundgebungen des Kabinetts in Tokio die nötige Aufmerksamkeit und
erklärte sich bereit, auf Grund von gewissen Bedingungen und des Ein-
verständnisses Japans, Japans bevorzugte kommerzielle und ökonomische
Stellung auf der Halbinsel Korea anzuerkennen mit dem Zugeständnisse
des Rechts, dieselbe im Falle von Unruhen im Lande mit seiner Kriegs-
macht zu schützen. Gleichzeitig bestand jedoch Rußland, unter strenger Be-
obachtung des Grundprinzips seiner Politik in Korea, dessen Unabhängig-
keit und Integrität durch vorhergehende Einverständnisse mit Japan und
Verträge mit anderen Mächten garantiert waren, auf 1. gegenseitiger un-
bedingter Garantie dieses Grundprinzipes, 2. Verpflichtung, keinen Teil
Koreas für strategische Zwecke zu gebrauchen, da die Zulassung einer solchen
Handlung seitens einer ausländischen Macht direkt dem Prinzip der Selb-
ständigkeit Koreas widerspricht und 3. Wahrung voller Freiheit der Schiff-
fahrt durch die Meerenge von Korea. Das in diesem Sinne ausgearbeitete
Projekt befriedigte jedoch die japanische Regierung nicht, welche in ihren
letzten Vorschlägen nicht nur die Annahme dieser Bedingungen ablehnte,
die als Garantie für die Unabhängigkeit Koreas nötig erschienen, sondern
auch gleichzeitig darauf zu bestehen begann, daß in das erwähnte Projekt
Bestimmungen ausgenommen würden, welche die Mandschurei betreffen.
Solche Anforderungen Japans sind natürlich unzulässig. Die Frage über
die Lage Rußlands in der Mandschurei betrifft vor allem China selbst,
sodann aber auch alle Mächte, welche Handelsinteressen in China haben.
Dann sah die kaiserliche Regierung entschieden keinen Grund, in einem
Sondervertrag mit Japan über die koreanischen Angelegenheiten irgend-
welche Bestimmungen hinsichtlich des von russischen Truppen besetzten Ge-
bietes aufzunehmen. Die kaiserliche Regierung weigert sich dabei nicht,
für die Dauer der Okkupation der Mandschurei sowohl die Souveränität
des Kaisers von China in der Mandschurei, wie auch die Vorrechte anzu.
erkennen, welche dort andere Mächte durch Verträge mit China erworben
haben. Darüber sind den fremden Mächten schon entsprechende Erklärungen
gemacht worden. Im Hinblick darauf war die kaiserliche Regierung, in-
dem sie ihren Vertreter in Tokio beauftragte, die Antwort auf die letzten