Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwanzigster Jahrgang. 1904. (45)

Rußland. (Februar 18. 21.) 283 
Vorschläge Japans zu übergeben, berechtigt, zu erwarten, daß das Kabinett 
in Tokio die Bedeutung der oben auseinandergesetzten Erwägungen in Be- 
tracht ziehen und den von Rußland an den Tag gelegten Wunsch, mit 
Japan eine friedliche Verständigung zu erzielen, schätzen werde. Statt 
dessen beschloß die japanische Regierung, ohne selbst diese Antwort abzu- 
warten, die Verhandlungen abzubrechen und den diplomatischen Verkehr 
mit Rußland einzustellen. Indem die kaiserliche Regierung die volle Ver- 
antwortung für die Folgen einer derartigen Handlungsweise Japan auf- 
erlegt, wird sie die Entwicklung der Ereignisse abwarten und bei der ersten 
Notwendigkeit die entschiedensten Maßnahmen zum Schutz ihrer Rechte und 
Interessen im fernen Osten treffen."“ 
Februar. In Petersburg und anderen Städten finden 
aus Anlaß des japanischen Krieges große patriotische Kund- 
gebungen statt. 
18. Februar. Die Regierung erläßt folgende Kundgebung 
über die Kriegsereignisse: 
Acht Tage sind verflossen, seit ganz Rußland von tiefer Entrüstung 
über den Feind ergriffen ist, der die Verhandlungen plötzlich abgebrochen 
hat und darauf ausging, durch verräterischen Angriff einen leichten Erfolg 
in dem lange gewünschten Kriege zu erringen. Die russische Bevölkerung 
wünscht mit begreiflicher Erregung eine schleunige Revanche und erwartet 
in fieberhafter Spannung Nachrichten vom fernen Osten. Die Einigkeit 
und Macht des russischen Volkes beseitigen die Zweifel, daß Japan die 
verdiente Züchtigung für seine Verräterei erhalten werde und dafür, daß 
es den Krieg herausgefordert habe, während unser angebeteter Kaiser den 
Frieden mit allen Nationen zu erhalten wünscht. Die Umstände der 
Feindseligkeiten zwingen uns, mit Geduld Nachrichten über die Erfolge 
unserer Trupven abzuwarten, die nicht vor entscheidenden Handlungen 
des russischen Heeres eintreten können. Die entfernte Lage des an- 
egriffenen Gebietes und der Wunsch des Kaisers, den Frieden zu er- 
habten, schufen die Unmöglichkeit, die Kriegsvorbereitungen von langer 
Hand im voraus zu neffen. Es wird jetzt sicher Zeit bedürfen, um 
Japan Schläge zu versetzen, die der Macht Rußlands würdig sind. In- 
dem Rußland sparsam mit dem Blute seiner Kinder umgeht und bestrebt 
ist, der Nation, die den Kampf anmaßend herausgefordert hat, die ver- 
diente Züchtigung zu erteilen, muß es die Ereignisse geduldig abwarten, 
in der Gewißheit, daß die Armee die Herausforderung hundertfach rächen 
wird. Die Landoperationen sind in nicht ferner Zukunft zu erwarten. 
Wir können bald Nachrichten vom Kriegsschauplatze haben. Unnützes Blut- 
vergießen ist der Größe und Macht Rußlands unwürdig. Das Vaterland 
bekundet so große Eintracht und Opferwilligkeit zum Besten der nationalen 
Sache, daß jede vom Kriegsschauplatze eintreffende wahre Nachricht sofort 
der ganzen Nation gehören soll. 
18. Februar. Der Finanzminister Pleske tritt wegen Krank- 
heit zurück; sein Nachfolger wird Geh. Rat Kokowzow, der als 
Anhänger Plehwes gilt. 
2. Februar. Kriegsminister Kuropatkin wird zum Ober- 
befehlshaber der Landarmee in der Mandschurei ernannt. Die 
Leitung des Kriegsministeriums übernimmt General Sacharow. — 
 
	        
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