284 Rußland. (Februar 22.)
Zum Oberbefehlshaber der Flotte im Stillen Ozean wird Vize-
admiral Makarow, bisher Kommandant von Kronstadt, ernannt.
22. Februar. Der Minister des Auswärtigen richtet folgendes
Rundschreiben an die Vertreter im Auslande über Verletzung des
Völkerrechts durch Japan:
Seit dem Augenblick des Abbruches der diplomatischen Beziehungen
zwischen Rußland und Japan zeigt das Benehmen des Kabinetts in Tokio
offenbar eine Verletzung der allgemein gebräuchlichen Regeln, welche die
Beziehungen zwischen den zivilisierten Staaten bestimmen. Ohne auf die
einzelnen Verletzungen der Regeln durch Japan einzugehen, hält es die
kaiferliche Regierung für notwendig, die allerernsteste Aufmerksamkeit der
Mächte auf die Gewaltakte der japanischen Regierung hinsichtlich Koreas
zu lenken. Die Selbständigkeit und Integrität Koreas wurde von allen
Mächten anerkannt. Die Unantastbarkeit dieser Prinzipien wurde durch
den Artikel 1 des Traktats von Schimonoseki bestätigt, ferner durch einen
Vertrag, der besonders für diesen Zweck im Januar 1902 zwischen Eng-
land und Japan geschlossen worden war, und durch die französisch-russische
Deklaration vom 3. März 1902. Die Gefahr eines möglichen Konfliktes
zwischen Rußland und Japan voraussehend, hat der Kaiser von Korea in
en ersten Tagen des Monats Januar 1904 ein Rundschreiben an alle
Mächte gerichtet mit der Erklärung, die strengste Neutralität wahren zu
wollen. Die Erklärung wurde mit Wohlwollen von den Mächten, auch
von Rußland, entgegengenommen. Die britische Regierung, welche mit
Japan den oben erwähnten Vertrag vom Januar 1902 unterzeichnet hatte,
beauftragte, wie der russische Gesandte in Korea mitteilte, ihren Vertreter
in Söul, dem Kaiser von Korea durch eine offizielle Note für die Erklärun
an das Londoner Kabinett zu danken, durch die er angezeigt habe, daß
Korea im Falle eines Bruches zwischen Rußland und Japan strenge Neu-
tralität bewahren werde. Ungeachtet aller dieser Tatsachen, trotz aller Ver-
träge und trotz seiner Verpflichtungen und im Widerspruch mit den Grund-
gesetzen des internationalen Rechts hat die japanische Regierung, wie dieses
jetzt auf Grund genauer und völlig festgestellter Tatsachen erwiesen ist:
1. vor der Eröffnung der Feindseligkeiten gegen Rußland in Korea, wel-
ches sich für neutral erklärt hatte, seine Truppen gelandet, 2. mit einer
Abteilung des japanischen Geschwaders am 8. Februar, d. h. drei Tage
vor der Kriegserklärung, Angriffe auf zwei russische Kriegsschiffe gemacht,
die sich in dem neutralen Hafen von Tschemulpo befanden und deren Kom-
mandanten von dem Abbruch der Beziehungen mit Japan nicht unter-
richtet waren, da die Japaner böswillig die Uebermittelung russischer Tele-
gramme durch das dänische Kabel verhinderten und die Leitung des korea-
nischen Regierungstelegraphen unterbrachen. Die Einzelheiten des em-
pörenden Angriffes auf die oben erwähnten russischen Schiffe sind in dem
veröffentlichten amtlichen Telegramm des russischen Gesandten in Söul ent-
halten, 3. trotz der bestehenden Regeln vor der Eröffnung der kriegerischen
Aktion russische Handelsschiffe, die sch in neutralen koreanischen Häfen be-
fanden, als Kriegsbeute weggenommen, 4. dem Kaiser von Korea durch den
japanischen Gesandten in Söul erklärt, Korea würde sich nunmehr unter
japanischer Verwaltung befinden, und ihm angekündigt, daß, wenn er sich
nicht fügen sollte, japanische Truppen seinen Palast besetzen würden, 5. durch
die Vermittelung des französischen Botschafters den russischen Vertreter in
Söul aufgefordert, mit dem Personal der Gesandtschaft und des Konsulats
das Land zu verlassen. Da die kaiserliche Regierung der Ansicht ist, daß