308 Türkei. (November Ende.)
bereits gelungen, die erwünschte finanzielle Stabilität herzustellen. Der
Jahresbedarf für den makedonischen Gendarmeriedienst ist bankmäßig sicher-
gestellt und die Auszahlung der Offiziersgehalte und Mannschaftslöhne,
welche beide eine entsprechende Aufbesserung erhalten haben, erfolgt in der
regelmäßigsten Weise. Bereits in der ersten Reformperiode ist durch den
Generalinspektor auch für eine Einbeziehung des nichtmohammedanischen
Elements in die Gendarmerie vorgesorgt worden; das christliche Kontin-
gent, in welchem alle verschiedenen Konfessionen und Nationalitäten ver-
treten sind, macht gegenwärtig 23 Prozent des gesamten Mannschafts-
standes aus. Die zur Reorganisierung der Gendarmerie berufenen fremd-
ländischen Offiziere sind mit einer weiteren Sichtung des Personals be-
schäftigt, welche in voraussichtlich kurzer Zeit zur definitiven Konstituierung
des makedonischen Gendarmeriekorps führen wird. Eine gründliche Re-
organisation hat auch die Institution der Feldhüter (Bekdji) erfahren.
Diese werden nämlich, nach dem vom Generalinspektor schon im Vorjahre
eingeführten System, von den Gemeinden selbst gewählt; sie müssen aber
Ortsinsassen sein und zu jener Konfession gehören, zu der sich die Mehr-
heit in der betreffenden Gemeinde bekennt. Auf diese Weise sind über
3000 Bekdjis aufgestellt worden, während es in einigen Landesteilen früher
zumeist eingewanderte Arnauten waren, die diese Stellen an sich zu reißen
wußten und sie zu einer drückenden Last für die Bauern machten. Damit
ist auch schon ein wichtiger Teil der albanesischen Frage im Sinne des
Reformprogramms gelöst worden. Im übrigen haben die militärischen
Expeditionen, welche sowohl heuer als im Vorjahre gegen die arnautischen
Bergstämme geführt wurden, wenn auch nicht die volle Herstellung des
wünschenswerten Zustandes, so doch eine Besserung gebracht. Die Regierung
ist hier mit einer an ihr bisher ungewohnten Energie vorgegangen. Die
definitive Lösung der Arnautenfrage im Sinne des Reformprogramms wird
jedoch, wenn ernste Erschütterungen vermieden bleiben sollen, nur durch
eine successive, nicht überstürzte Aktion zu erreichen sein. Auf dem Gebiete
der Verwaltungs= und Justizreform ist bereits in der ersten Zeit nach
dem Dienstantritte des rührigen Generalinspektors eine entsprechende Ver-
mehrung des Beamtenpersonals durchgeführt und auch auf die Heran-
ziehung des christlichen Elements zum Staatsdienste Bedacht genommen
worden. Gleichzeitig hat eine Sichtung des Beamtenmaterials stattgefunden,
welche zur Destituierung oder Versetzung von über tausend Angestellten
geführt hat. Ein bleibender Effekt der Purifizierung wird allerdings erst
erreicht werden, wenn die Beamtenschaft in materieller Beziehung sicher-
gestellt und von korrumpierenden Einflüssen befreit sein wird. Die relative
Beruhigung, welche im Lande eingetreten ist, hat es möglich gemacht, schon
jetzt an eine der wichtigsten ökonomischen Fragen — die der Zehentsteuer-
reform — heranzutreten. Es ist das Verdienst des Generalinspektors
Hussein Hilmi-Pascha, ein System vorgeschlagen zu haben, welches ebenso
den bisherigen Uebelständen abhilft, wie es nach der ökonomischen und
fiskalischen Seite hin Vorteile verspricht. Die Pforte hat zu diesem Pro-
jekte ihrerseits eine Variante ausgearbeitet. Beide Projekte find versuchs-
weise in je zehn Landgemeinden des Vilajets Monastir fakultativ ein-
geführt worden und sollen diese Versuche als Basis für die baldige Aus-
dehnung der Reform im großen Stile dienen. Die bisherigen Wahr-
nehmungen sind durchaus günstiger Natur. Bei dem Fälligkeitstermine
der ersten Zehentrate ist nicht nur diese eine Ratenzahlung von sämtlichen
Ortschaften anstandslos geleistet worden, sondern mehrere Gemeinden
züben sogar aus freien Stücken die ganze Jahresschuldigkeit auf einmal
abgestattet.