Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 23. — 26.) 73
liberalen; der Kommissionsantrag gelangt darauf mit großer Mehrheit zur
Annahme.
23. April. Der Reichstag genehmigt mehrere Verträge mit
ausländischen Staaten über Regelung der Ehegesetzgebung und Vor-
mundschaft.
23. April. (Sachsen.) Die Kommission der zweiten Kammer
über die Änderung des Wahlgesetzes beantragt, die in der Denk-
schrift der Regierung enthaltenen Vorschläge (S. 1, 18) abzulehnen,
25. April. (Reichstag.) Eisenbahnfragen für Ostafrika
und Togo.
Zur ersten Beratung steht der Gesetzentwurf betreffend die Ueber-
nahme einer Reichsgarantie für eine Schmalspur-Eisenbahn von Dar es
Salam nach Mrogoro. Nach der Vorlage soll der Ostafrikanischen Eisen-
bahngesellschaft eine Verzinsung von 3 v. H. für ein Kapital bis zur Höhe
von 18¾ Millionen Mark garantiert werden.
Kolonialdirektor Dr. Stübel führt aus, daß die Schmalspur von
0,75 Meter mit Rücksicht auf die Finanzlage gewählt sei. Die Zins-
garantie vermindere sich dadurch um 100000 Mark. Die Bahn sei not-
wendig, um den zukunftsreichen Baumwollenbau in Ostafrika zu fördern.
Außerdem diene sie zur Aufrechterhaltung der Ordnung; sie werde die
Kosten einer Schutztruppenkompanie ersparen. — Die Vorlage wird an
die Budgetkommission verwiesen, nachdem sich die Redner der Rechten,
Nationalliberalen und freisinnigen Vereinigung wohlwollend, die der frei-
sinnigen Volkspartei und Sozialdemokraten ablehnend geäußert haben. Das
Zentrum ist geteilt.
Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfs betreffend die Auf-
nahme einer Anleihe für das Schutzgebiet Togo. Nach der Vorlage soll
der Reichskanzler ermächtigt werden, zu Lasten des Schutzgebiets Togo
zum Zwecke des Baues einer Eisenbahn von Lome nach Palime eine zu
3½ v. H. verzinsliche Anleihe von 8 Millionen Mark aufzunehmen. Für
die Verzinsung und Tilgung der Anleihe soll das Reich die Garantie
übernehmen.
Kolonialdirektor Stübel: Togo entwickle sich günstig; es sei finan-
ziell vom Reiche unabhängig; deshalb habe man sich zu der Anleihe ent-
schlossen, was bisher in Deutschland für Kolonien nicht üblich gewesen sei.
Durch die Bahn würde die Togoer Baumwolle konkurrenzfähig auf dem
Weltmarkte werden. — Die Vorlage wird an die Budgetkommission ver-
wiesen; die Stellung der Parteien ist ebenso wie zur vorigen.
26. April. (Reichstag.) Novelle zum Börsengesetz. Termin-
handel; Bankgeschäft.
Preuß. Handelsminister Möller: Das Verbot des Terminhandels
sei seinerzeit gegen den Wunsch der Regierung in das Gesetz hinein-
gebracht worden. Hiergegen und gegen das Börsenregister richte sich die
Opposition der Börsenkreise. Die Vorschriften über das Börsenregister seien
vielkach umgangen worden; das Reichsgericht sei dem entgegengetreten.
Namentlich seit dem wirtschaftlichen Rückgang im Jahre 1900 habe man
das Börsengesetz als schädlich empfunden. In der Novelle solle an den
beiden Grundpfeilern des Gesetzes, dem Verbot des Terminhandels und
dem Börsenregister, nicht gerüttelt werden nur die Bestimmungen, die den