66 Das Veuische Reich und seine einzelnen Glieder. (März 20. 21.)
Weinbauern zu unterrichten. Die Lage des elsaß-lothringischen Weinbaus
sei noch nie so kritisch gewesen wie jetzt. Die Bestimmungen des jetzigen
Weingesetzes, welche gewissenlose Weinfälscher geradezu begünstigten, be-
drohten nicht nur den Wohlstand, sondern die Existenz der Rebleute im
Elsaß. Die Weinkontrolle würde in Elaß-Lothringen und Bayern recht
gut durchgeführt, dagegen nicht in Preußen. Dort würde in den großen
Städten der weiße Wein produziert. Es gäbe dort keine Kontrolleure im
Hauptamt wie in Bayern und im Elsaß, höchstens übten Apotheker die
Kontrolle im Nebenamte aus. Es müsse daher für ganz Deutschland eine
wirksame Weinkontrolle hergestellt werden. Unterstaatssekretär Mandel er-
klärt, die elsaß-lothringische Regierung werde dem Zwecke, welchen der
Antrag verfolge, ihre Unterstützung nicht versagen. Die Einheitlichkeit der
Kontrolle müsse unter allen Umständen auch nach etwaiger Aufhebung des
Weingesetzes beibehalten werden.
20. März. (Reichstagswahl.) Bei der Ersatzwahl in
Hechingen erhält Belzer (3.) 7091, Reck (lib.) 1908, Nill (Soz.)
322 Stimmen.
20. März. Das Preußische Abgeordnetenhaus verweist
die Vorlage über Anlegung von Sparkassenbeständen in Inhaber-
papieren an eine Kommission.
21. März. Das Preußische Abgeordnetenhaus lehnt
gegen die Stimmen der Linken und eines Teils der Freikonser-
vativen einen Antrag auf Einführung fakultativer Feuerbestat-
tung ab.
. März. (Berlin.) Reichstagsabgeordneter Lenzmann f.
Geboren 1843, 1874 Rechtsanwalt in Lüdenscheid, 1881—87,
1893—1906 Reichstagsabgeordneter der Fortschritts= resp. freisin-
nigen Volkspartei.
21. März. (Reichstagswahl.) Bei der Ersatzwahl in
Kaiserslautern erhält Schmidt (lib.) 7575, Klement (Soz.) 7547,
Rösicke (Bd. d. Ldw.) 6595, Kempf (Z.) 3785 Stimmen. Bei der
Stichwahl (30. März) erhält Schmidt 12084, Klement 9527 Stimmen.
21. März. (Reichstag.) Die Budgetkommission lehnt die
Umwandlung des Kolonialamts in ein Staatssekretariat ab und
beschließt mit 18 gegen 10 Stimmen die Umwandlung in ein Unter-
staatssekretariat.
Geh. Rat Helffrich begründet die Forderung des Staatssekretariats:
Der Geschäftsumfang der Kolonialabteilung ist in einem Maße gewachsen,
daß er sich im Rahmen einer Abteilung des Auswärtigen Amts nicht mehr
ordnungsmäßig bewältigen läßt. Die Zahl der Journalnummern der
Kolonialabteilung einschließlich des Oberkommandos der Schutztruppen, das
ja der Kolonialabteilung angegliedert ist, hat sich von 12418 im Jahre 1891
auf 59481 im Jahre 1902 und auf 116591 im Jahre 1905 gesteigert.
Die Kolonialabteilung allein hat in den letzten beiden Jahren vor dem
südwestafrikanischen Aufstande — 1902 und 1903 — mehr als 42000