128 Das Pentsthe Reith und seine einzeluen Glieder. (Juni 27.—3./6. Juli.)
Strömungen innerhalb der Kirche, deren ungehinderter Ausdehnung das
Kirchenoberhaupt nicht mehr ruhig zusehen zu dürfen glaubte. Eine
Klärung der Dinge würde je länger je schwieriger.
Am 16. Juli richten die Unterzeichner des Denkmalaufrufs ein
Schreiben an den päpstlichen Staatssekretär Kardinal Merry del Val, worin
sie ihr Vorgehen rechtfertigen. Es heißt darin: Es handelt sich für die
Unterzeichner des Aufrufs lediglich um einen Akt allgemein menschlicher
Pietät gegen den verstorbenen Professor Schell, den viele der Unterzeich-
neten als ihren Kollegen, Freund oder Lehrer verehren, alle aber als edlen
Menschenfreund hochhalten. — Nicht etwa deshalb ehren die Unterzeichner
des Aufrufs den verstorbenen Professor Schell mit einem Grabdenkmal
resp. einer Stiftung, weil der apostolische Stuhl einige Werke Schells auf
den Index gesetzt hat, sondern im Gegenteil deshalb, weil Professor Schell
unter schweren Opfern seine Treue gegen die katholische Kirche durch seine
Unterwerfung bewährte und unermüdet für die katholische Sache bis zu
seinem Lebensende auf weite Kreise Deutschlands nach der Meinung der
Unterzeichner segensreich und erfolgreich wirkte.
Der Staatssekretär antwortet dem Vorsitzenden (25. Juli): Sehr
geehrter Herr! Nach Empfang des Schreibens, das das Komitee, dessen
Vorsitzender Du bist, für Errichtung eines Grabdenkmals zu Ehren Her-
mann Schells am 16. dieses Monats an mich gelangen ließ, habe ich es
nicht unterlassen, auf den Wunsch des Komitees den Papst davon in
Kenntnis zu setzen. Der Heilige Vater entnahm dem gedachten Schreiben,
daß Ihr nichts anderes als einen Akt menschlicher Pietät gegen einen Toten
beabsichtigt habt, den viele der Unterzeichner zum Kollegen oder Freund
oder Lehrer hatten. Seine Meinung hierüber hat Seine Heiligkeit deutlich
kundgetan, als er gelegentlich meinte, man müsse zwischen dem Privat-
leben Hermann Schells und den von ihm veröffentlichten Schriften unter-
scheiden.
Die „Kölnische Volkszeitung“ erklärt hiermit die Angelegenheit für
erledigt.
27. Juni. Der Bundesrat verfügt, daß die Eintalerstücke
deutschen Gepräges vom 1. Oktober 1907 ab nicht mehr als gesetz-
liches Zahlungsmittel gelten.
29. Juni. (Berlin.) Ministerpräsident Fürst Bülow em-
pfängt eine Abordnung der akademisch gebildeten Lehrer, die die
Gleichstellung der Oberlehrer mit den Richtern verlangt.
2. Juli. (München.) Schluß des Petersprozesses.
Der Afrikareisende Dr. Karl Peters hatte den Redakteur der sozial-
demokratischen „Münchener Post“ wegen eines Artikels „Hänge-Peters“ und
anderer Beleidigungen verklagt. Vor Gericht werden viele Sachverständige
über die afrikanischen Verhältnisse vernommen. Es handelt sich namentlich
um die Hinrichtung eines Eingeborenen durch Peters. Ferner wird das
Verhältnis zwischen Peters und dem früheren Kolonialdirektor Kayser und
das Urteil des Disziplinarhofs, das Peters aus dem Reichsdienste aus-
stießb, erörtert; hierbei treten u. a. die Abgeordneten Arendt (RP.) und
Bebel (Soz.) als Zeugen auf. — Der Angeklagte wird zu 500 Mark
Geldstrafe und in die Kosten verurteilt. — Das Publikum nimmt lebhaft
teil an den Verhandlungen.
3.—6. Juli. Besuch des Kaiserpaares in Kopenhagen.