212 Die Uerreichischu#garische Morarchie. (September Ende.)
Gewalt erzwungen als dem freien Entschluß der Bewohner entspringend,
seinerzeit als Grundlage für die in Artikel 3 des Mürzsteger Programms
vorgesehene territoriale Abgrenzung dienen und die Sanktion der Entente-
mächte erlangen könnte. Ohne zu untersuchen, ob dieses Mißverständnis
in gutem Glauben entstanden ist oder nicht, halten es die Kabinette von
Wien und Petersburg für notwendig, ein für allemal folgendes festzu-
stellen: 1. Veränderungen in der territorialen Abgrenzung der Ver-
waltungsbezirke können der hohen Pforte nach dem Texte des dritten
Punktes des Mürzsteger Programmes erst nach Feststellung der Beruhigung
des Landes angeraten werden. Die Ententemächte sind nun überein-
stimmend der Ansicht, daß die Feststellung der Beruhigung das vollkommene
Verschwinden der Banden nicht nur für einige Monate, sondern für einen
längeren Zeitraum zur Voraussetzung habe, so daß die fragliche Abgrenzung
erst nach dauernder Pazifizierung des Landes eingeleitet werden könnte.
2. Der Artikel 3 ist irrtümlicherweise in dem Sinne interpretiert worden,
daß die Ententemächte die Absicht hätten, gewissermaßen an eine Teilung
des Landes nach nationalen Sphären zu schreiten. Insbesondere diese
Idee scheint die Aktion der Banden geleitet zu haben, welche darauf
abzielte, die künftige Sphäre ihrer Nationalität zum Nachteil der anderen
Rassen möglichst auszudehnen. Bei diesem Stand der Dinge halten es die
Ententemächte für ihre Pflicht, zu erklären, daß sie niemals die Absicht
hatten, der hohen Pforte die Schaffung von nationalen Sphären in
Makedonien anzuraten, und daß die Bestimmungen des Artikels 3 des
Mürzsteger Programms nur auf eine verhältnismäßig geringfügige Aenderung
zum Zwecke der Erleichterung der Tätigkeit der Lokalbehörden abzielten.
Die Abgrenzung, welche die Ententemächte im Auge haben, welches immer
ihr Charakter oder ihre Ausdehnung sein möge, wird in keinem Falle auf
angebliche nationale Verschiebungen Rücksicht nehmen können, welche die
terroristische Tätigkeit der Banden hervorgerufen haben würde. Weder die
Vorteile noch die Verluste, welche der einen oder der anderen der
rivalisierenden Rassen aus dieser Tätigkeit entsprungen sind oder daraus
entspringen werden, werden als Basis für die fragliche Abgrenzung dienen
können. Diese wird sich vielmehr auf den Grundsatz des status qduo ante
und auf ernste, unparteiische lokale Erhebungen stützen müssen. Die beiden
Ententemächte, welche die schwere Aufgabe der makedonischen Reform auf
sich genommen haben, waren wiederholt in der Lage, zu erklären, daß sie
keinerlei Einmischung der lokalen Elemente in das Reformwerk zulassen
würden, die etwa darauf abzielen sollte, demselben eine den Absichten der
im Einvernehmen mit den anderen Mächten vorgehenden beiden Regier-
ungen entgegengesetzte Richtung zu geben. Jede Bandentätigkeit in den
drei Wilajets könnte die Situation nur erschweren, indem sie die hohe
Pforte zu einer vollkommen gerechtfertigten Verschärfung ihrer Repressiv-
maßregeln veranlassen würde; sie könnte die Realisierung der für das
Wohl und die Interessen der christlichen Bevölkerung so nötigen Reformen
nur verzögern Die Einstellung der Feindseligkeiten unter der makedonischen
Bevölkerung stellt sich als notwendig heraus, und die beiden Mächte, welche
diesen Auseinandersetzungen und Erklärungen eine große Bedeutung bei-
messen, haben es für nötig gehalten, dieselben zur Kenntnis der Regie-
rungen der Balkanstaaten zu bringen. Sie hoffen, daß diese Regierungen
den Andeutungen und Ratschlägen, welche sie ihnen in deren eigenem
Interesse erteilen, Gehör schenken und sich bemühen werden, jeder Unter-
stützung, welche die makedonischen Banden von seiten ihrer Konnationalen
finden sollten, ein Ende zu bereiten. Ich fordere Sie auf, im Einvernehmen
mit Ihrem russischen Kollegen sich in diesem Sinne dem Minister des