Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1907. (48)

Die ästerreihisch-nngaristhe Monarthie. (Sept. 30./15. Okt.) 213 
Aeußeren auszusprechen und ihn ersuchen zu wollen, diesen Erklärungen 
zu einer möglichst großen Publizität zu verhelfen, um dadurch zur Be- 
ruhigung der rivalisierenden Nationalitäten beizutragen. 
30. September bis 15. Oktober. (Cisleithanien.) Passive 
Resistenz der Arbeiter und Beamten mehrerer Privatbahnen. Durch 
Vermittlung des Eisenbahnministeriums wird ein Ausgleich herbei- 
geführt. 
8. Oktober. (Budapest.) Unterzeichnung der Ausgleichs- 
vorlagen durch die beiden Ministerien. 
Die Vereinbarungen der beiden Regierungen erstrecken sich nicht 
nur auf die Regelung der wechselseitigen Handels- und Verkehrsbeziehungen, 
sondern haben außerdem die Lösung bedeutsamer Fragen staatsfinanzieller 
Natur zum Gegenstande. So ist es insbesondere gelungen, in der Ange- 
legenheit des ungarischen Staatsschuldenblockes, deren Lösung im Jahre 
1903 vertagt werden mußte, zu einer Einigung zu gelangen. Da überdies 
zwischen den beiden Regierungen eine Verständigung in der Angelegenheit 
der Notenbank und ein Einverständnis in der Quotenfrage, sowie über 
einige wichtige Eisenbahnfragen erzielt wurde, so liegt ein Komplexausgleich 
vor, der in voller Uebereinstimmung mit der Gesetzgebung vom Jahre 1867 
die vertragsmäßige Bindung des an sich selbständigen Verfügungsrechtes 
klar zum Ausdruck bringt. Die eigentliche Gesetzesvorlage umfaßt 1. den 
Entwurf des Gesetzes, womit der Vertrag, betreffend die Regelung der 
wechselseitigen Handels= und Verkehrsbeziehungen zwischen beiden Staaten, 
ferner das Uebereinkommen über die Vermeidung von Doppelbesteuerungen 
solcher Unternehmungen, die ihren Geschäftsbetrieb auf beide Staaten aus- 
dehnen, sowie über einige andere Angelegenheiten der direkten Besteuerung 
und das Additionalübereinkommen in betreff der Beitragsleistung der 
Länder der ungarischen Krone zu den Lasten der allgemeinen Staatsschuld 
genehmigt und in Kraft gesetzt werden. 2. Den Entwurf des Gesetzes, 
betreffend die Ausdehnung der Wirksamkeit der in einem Ländergebiet 
errichteten Aktiengesellschaften (Kommanditgesellschaften auf Aktien), Ver- 
sicherungsgesellschaften und Erwerbs= und Wirtschaftsgesellschaften auf das 
andere Staatsgebiet. Was die Zoll= und Handelspolitik anbetrifft, so- 
beruht gleich dem bisher abgeschlossenen Zoll= und Haudelsbündnis auch 
der neue auf Grund der Gesetzgebung vom Jahre 1867 vereinbarte Vertrag 
auf der Basis der ungeschmälerten Freiheit des wirtschaftlichen Verkehrs 
für den Bereich der inneren und der vollen wirtschaftlichen Gemeinsamkeit 
für den Bereich der äußeren Wirtschafts= und Handelspolitik. Das Bestehen 
der zoll= und handelspolitischen Gemeinsamkeit, welche sich derzeit nur auf 
die schwankende Basis der Reziprozität gründet, wird nunmehr unter den 
sicheren Schutz fester vertragsmäßiger Vereinbarung und gegenseitiger 
Bindung gestellt, und die Aufrechterhaltung der einheitlichen Zollrechte 
und des zwischenzollfreien Verkehrs durch vertragsmäßige Verpflichtung 
gewährleistet. Eine eigene Anlage des Vertrages enthält den einheitlichen 
Text der innerhalb des Zollgebietes geltenden Tarifbestimmungen, der 
auch die Grundlagen für die Verhandlungen wegen Abschlusses neuer 
Handelsverträge bilden wird. Dieser Tarif ist in seinem ganzen Inhalt 
einschließlich jeder einzelnen Tarifposition im Verhältnis der beiden 
Staaten zueinander gebunden, so daß Abänderungen nur in gemeinsamem 
Einverständnis durchführbar sind. Ebenso sind alle Vorsorgen getroffen, 
daß die Anwendung und Auslegung dieses Tarifs völlig einheitlich erfolgt. 
  
  
  
  
  
 
	        
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