218 Die Kerreichiscz-zungariseze Mosarc#ie. (Oktober 16.)
oder ungünstiger als der Ausgleich von Szell und Körber sich gestalte,
mit voller Beruhigung beantworten zu können. Ein derartiger Vergleich
sei jedoch immer mißlich, da die Verhältnisse seit 1903 sich wesentlich ver-
ändert hätten ... Den schwierigsten und politisch heikelsten Punkt des
Ausgleichs bildeten die Bankfrage, das Problem der Barzahlungen, sowie
die Quotenfrage. Die österreichische Regierung halte es für naturgemäß,
daß für die Dauer des neuen Vertrags auch die Gemeinsamkeit der
Notenbank aufrecht erhalten bleibe. Sie könne aber in der Beibehaltung
der Oesterreichisch-Ungarischen Bank kein spezifisches österreichisches Interesse
erblicken und müsse vielmehr betonen, daß die Gemeinsamkeit der Notenbank
in erster Linie ein ungarisches Interesse sei. Der Ministerpräsident glaubt,
daher, daß man in der Gemeinsamkeit der Notenbank kein, wie immer
geartetes Opfer bringen könne. Bei der gegebenen Sachlage und bei den
gesetzlichen Bestimmungen habe die Bankfrage nicht endgültig geregelt werden
können. Doch wurde Klarheit über die Zukunft derart geschaffen, daß
beide Regierungen darin einig sind, daß es mit Rücksicht auf die allgemeine
finanzielle Situation angezeigt und im Interesse der beiden Staaten gelegen
sei, auf das Ansuchen der Oesterreichisch-Ungarischen Bank um Verlängerung
ihres Privilegiums mit ihr in Verhandlungen zu treten. Bezüglich der
Quotenfrage teilt der Ministerpräsident mit, die Regierung fordere heute
die Parlamente zur Wahl der Quotendeputationen auf, deren Beratungen
möglichst zu beschleunigen seien. Sollten dieselben nicht zu einem überein-
stimmenden Beschluß gelangen, so würden die beiden Regierungen im Wege
des Gesetzes die Neuregelung der Quote derart anstreben, daß eine zwei-
prozentige Erhöhung der ungarischen Quote vorgeschlagen werde. Ohne
die Errungenschaft dieser Eventualvereinbarung überschätzen zu wollen,
glaube er, daß es mit Genugtuung erfüllen dürfe, daß sich eine Aussicht
auf eine Neuregelung des Quotenverhältnisses öffne, die einer richtigen
Abmessung der staats= und volkswirtschaftlichen Kräfte beider Kompaziszenten
wenigstens annähernd entspreche und die endliche Ausgleichung jener großen
staatsfinanziellen Vorteile bringe, welche Ungarn in den früheren Aus-
gleichsverhandlungen, namentlich auf dem Gebiete der Verzehrungssteuer
erlangt habe.
16. Oktober. (Ungarn.) Abgeordnetenhaus. Vorlegung des
Ausgleichs.
Ministerpräsident Dr. Wekerle führt aus: Die Regierung war
durch die bis 1917 gültigen auswärtigen Handelsverträge, die mit Oesterreich
gemeinsam sind, gebunden. Infolgedessen mußte bis zu jenem Termine
der freie Verkehr mit Oesterreich aufrecht erhalten werden. Die bloße
Gegenseitigkeit des Verhältnisses mit Oesterreich bot keine Sicherheit, man
konnte jeden Augenblick in einen Zollkrieg mit Oesterreich verwickelt werden.
Die Aufgabe der Regierung war es nun, statt eines bloßen Gegenseitigkeits-
vertrages mit Oesterreich einen Handelsvertrag abzuschließen. Gewisse
Fragen, die bloß grundsätzlich geordnet waren, mußten in den Einzelstaaten
vereinbart werden, um künftighin gegensätzliche Auslegungen zu vermeiden.
Es wurde behufs Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten ein Schieds-
gericht zwischen Oesterreich und Ungarn vereinbart; ferner galt es, für
Ungarn die Möglichkeit zu wahren, seine Staatseinnahmen durch selbständige
Gebarung der Verzehrungssteuern zu sichern. Man mußte die Freiheit
selbständiger Verfügungen zur Förderung der Industrie wahren. Endlich
mußte ein Uebereinkommen in den Formen eines Vertrages entsprechend
der staatsrechtlichen Stellung Ungarns geschlossen werden. Schließlich mußte
Ungarn alles vermeiden, was über 1917 hinaus seine Verfügungsfreiheit