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21. Dezember. (Wien.) Der Kaiser empfängt die Dele-
gationen und erwidert auf die Ansprache der Präsidenten:
Die Versicherung treuer Ergebenheit, welche Sie mir zugleich mit
dem Ausdrucke der Freude über meine Wiederherstellung entgegengebracht,
erfüllt mich mit aufrichtiger Befriedigung. Empfangen Sie hierfür meinen
warmen Dank. Mit lebhafter Genugtuung kann ich hervorheben, daß
seit der letzten Delegationssession die auswärtigen Verhältnisse der Monar-
chie durchaus sehr erfreuliche geblieben sind. Die schon im vorigen Jahre
wahrnehmbare Milderung einzelner Gegensätze in der internationalen
Situation hält erfreulicherweise an. Die Bemühungen aller Mächte sind
darauf gerichtet, durch Pflege eines möglichst vertrauensvollen wechsel-
seitigen Verkehres zur weiteren Beruhigung und Konsolidierung des all-
gemeinen Friedens beizutragen. Festhaltend an den bewährten Grund-
lagen unserer Politik und gestützt auf die sehr freundschaftlichen Bezie-
hungen zu allen Mächten, werden wir auch weiterhin nachdrücklichst
darauf hinwirken, die Fortdauer des Friedenszustandes und dadurch zu-
gleich die ungestörte Entwickelung und Förderung der Wohlfahrt der
Völker der Monarchie zu sichern. Meine Kriegsverwaltung hat die Mehr-
forderungen für das laufende Erfordernis des Heeres und der Kriegs-
marine auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt. Auch erscheint
die Anforderung für die außerordentlichen militärischen Kredite wesentlich
herabgemindert. Bosnien und die Herzegowina werden auch im kommen-
den Jahre ihre Bedürfnisse aus den eigenen Einnahmen bestreiten können.
Dem durch die fortschreitende Entwickelung bedingten normalen Anwachsen
der Verwaltungsauslagen steht ein aus dem steten wirtschaftlichen Fort-
schritte des Landes sich ergebender höherer Ertrag der Bedeckungsposten
gegenüber. Ueberzeugt, daß Sie bei der Beurteilung der Ihnen zuge-
gangenen Vorlagen Ihre bewährte patriotische Einsicht und Opferwilligkeit
etätigen werden, begleite ich Ihre Arbeiten mit den besten Wünschen
und heiße Sie von Herzen willkommen.
21. Dezember. In der österreichischen Delegation protestieren
die Abg. Glombinsky (Pole) und Klofac (Tsch.) gegen die preußische
Polenpolitik. Minister des Auswärtigen Frhr. v. Ahrenthal weist
diese Einmischung zurück.
21. Dezember. (Ungarn.) Das Abgeordnetenhaus ge-
nehmigt mit 173 gegen 30 Stimmen die Quotenvorlage. Damit
sind sämtliche Ausgleichsvorlagen erledigt.
29. Dezember. (Cisleithanien.) Das Eisenbahnministerium
richtet an die Verwaltungen der österreichisch-ungarischen Staats-
eisenbahngesellschaft, der fsüdnorddeutschen Berbindungsbahn und der
böhmischen Nordbahn eine Einladung, wegen eventueller Verstaat-
lichung mit dem Ministerium zu verhandeln.