Kiederlande. (Oktober 19.—25. Dezember.) 301
19. Oktober. Die Zweite Kammer lehnt mit 47 gegen
37 Stimmen ab, einen besonderen Fonds zum Ausbau der Be-
festigung Amsterdams zu begründen. — Bisher wurden alljährlich
besondere Summen dazu bewilligt.
12./13. Dezember. (Haag.) Der deutsche Kaiser besucht
Holland und erwidert bei einer Galatafel auf die Begrüßung der
Königin:
Genehmigen Euer Majestät, meinen allerherzlichsten Dank zu Füßen
zu legen für die gnädigen Worte, die Sie soeben gesprochen haben, und
für den warmen Empfang, den die große Handelsempore, das schöne, alte
Amsterdam, und seine Bevölkerung mir dargebracht haben. Ich habe aus
den Augen der Bevölkerung nicht nur einen Willkommen für meine Person
gelesen, sondern auch die Freude und die Treue für ihre geliebte Königin.
Euer Majestät haben die Gnade gehabt, eine Saite anzuschlagen, die in
meinem Herzen wiederklingen muß und in den Herzen meines Hauses und
meines Volkes. Euer Majestät können versichert sein, daß jedesmal, wenn
ich meinen Fuß auf niederländischen Boden setze, ich mit besonders dank-
barem Herzen das Land betrachte, in welchem einst meine Vorfahren gelernt
haben, ihre Pflicht für das Vaterland zu tun. Von hier aus führte der
Große Kurfürst seine Gemahlin heim, feer hatte er gelernt, für sein Volk
zu arbeiten. Die edle Kurfürstin hat uns ein Bild hinterlassen, welches
heut noch in meinem Volke lebt, auch in den geistlichen Liedern, die wir
Sonntags in den Kirchen singen. Die Sparsamkeit und die Arbeitsfreudig-
keit Friedrich Wilhelms I. stammen auch von hier. Und so ist mein Haus
den Niederlanden und dem Haus Oranien innigsten Dank schuldig. Dieser
Dankesschuld kann ich nur dadurch Ausdruck geben, indem ich mein Leben
dafür einsetze, daß unsere Länder in Frieden sich entwickeln können. Ich
hege die feste Ueberzeugung, daß auch der heutige Tag die Bande, welche
unsere Häuser und Länder verbinden, fester knüpfen werde. Ich weiß mich
eins mit meinem Lande, wenn ich zu Gott bitte, daß er Euer Majestät
schützen möge und Euer Majestät gesegnete Regierung, und daß unter
dieser die schönen Niederlande zu weiterer Blüte gedeihen mögen. Euer
Moajestät und den Niederlanden weihe ich mein Glas.
21./25. Dezember. Ministerkrisis.
Am 21. verwirft die Zweite Kammer mit 53 gegen 38 Stimmen
das Kriegsbudget des neuen Kriegsministers van Rappard. Die Rechte,
die Sozialisten und einige Demokraten und Liberale stimmen gegen das
Budget. Diese unvorhergesehene Ablehnung wird vom Abg. van Vlymen
im Namen der Katholiken mit dem Mangel an Vertrauen in die Haltung
des Ministers begründet, da die Stärke der Armee nicht im Verhältnis
zu den dafür verwendeten Ausgaben stehe. Lohman, der Führer der
orthodoxen Protestanten, erklärt, daß die Beschwerden gegen die Haltung
des Ministers mehr durch den Wechsel in den Anschauungen über die
Armee-Organisation verursacht seien, als durch einen persönlichen Makel
des Ministers. Am 25. gibt das Gesamtkabinett seine Demission.