Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1907. (48)

370 Hathtrag zu 8. 291. 
in Kraft bleiben, und soweit nötig, erneuern und bestätigen Wir es und 
befehlen, daß es von allen genau beobachtet werde. Es ist Sache der 
Bischöfe, falls man es irgendwo in den Seminarien vernachlässigt hätte, 
für die Zukunft auf die Beobachtung zu dringen und darauf zu bestehen. 
Dieselbe Vorschrift geben Wir den Obern der religiösen Orden. Die 
Lehrer sollen daran festhalten, daß man, besonders in metaphysischen 
Fragen, nie ohne großen Schaden vom Aquinaten abweicht. 
Auf dieser philosophischen Grundlage soll man dann mit größter 
Sorgfalt das Gebäude der Theologie errichten. — Fördert das Studium 
der Theologie, Ehrwürdige Brüder, soviel Ihr nur könnt, damit die 
Kleriker aus dem Seminar die größte Hochachtung und Liebe gegen das- 
selbe mitnehmen und stets ihre Freude darin finden. Denn jedermann 
weiß, daß unter all den vielen Disziplinen, welche sich dem Wahrheits- 
durste des Geistes darbieten, der heiligen Theologie der erste Platz gebührt, 
so daß schon ein alter weiser Spruch sagt, es liege den übrigen Wissen- 
schaften und Künsten ob, ihr zur Hand zu sein und ihr gleichsam die 
Dienste einer Magd zu leisten. — Hier fsügen Wir bei, daß auch diejenigen 
sich Unsere Anerkennung verdienen, die in aller Ehrfurcht gegen die 
Tradition, die heiligen Väter und das kirchliche Lehramt, mit dem richtigen 
Takte und nach katholischen Normen (was nicht in gleicher Weise von 
allen geschieht) die positive Theologie zu fördern suchen durch die Ergeb- 
nisse einer Geschichte, die wirklich diesen Namen verdient. Gewiß verlangt 
die positive Theologie mehr Beachtung als bisher; doch soll darüber die 
Scholastik keinen Schaden leiden; daher sind die zu tadeln, welche die 
positive so über alles erheben, daß daneben die scholastische Verachtung 
trifft, weil sie damit die Sache der Modernisten fördern. 
Bezüglich der profanen Disziplinen genügt es, an das zu erinnern, 
was Unser Vorgänger weise bemerkt hat: Betreibet die Naturwissenschaften 
mit allem Eifer; die glänzenden Entdeckungen und ihre kühnen An- 
wendungen, welche unsere Zeit auf diesem Gebiete aufzuweisen hat, ernten 
mit Recht die Bewunderung unserer Zeitgenossen und werden stets das 
höchste Lob der Nachwelt genießen. Doch das soll ohne Benachteiligung 
der kirchlichen Studien geschehen, wie Unser Vorgänger mit nachdrücklichen 
Worten betont, wenn er fortfährt: Wenn man genauer zusieht, wird man 
finden, daß die Ursache dieser Irrtümer hauptsächlich darin liegt, daß bei 
dem eifrigen Betrieb der Naturwissenschaften in unseren Tagen die ernsteren 
und tieferen Studien entsprechend abgenommen haben; einige Disziplinen 
sind fast in Vergessenheit geraten, andere finden nur geringe und un- 
genügende Pflege, sie haben leider ihren alten herrlichen Glanz verloren 
und sind entstellt durch falsche Lehren und abenteuerliche Meinungen. 
Nach dieser Norm, so bestimmen Wir, sollen die naturwissenschaftlichen 
Studien in den Klerikalseminarien betrieben werden. 
II. Alle diese Verordnungen, von Uns und von Unserem Vorgänger, 
sind vor Augen zu halten, wenn es sich um die Auswahl von Leitern 
und Lehrern für Seminarien und katholische Universitäten handelt. — 
Wer immer irgendwie vom Modernismus angesteckt ist, muß unbedingt 
von der Leitung und vom Lehramt ferngehalten, oder wenn er bereits 
angestellt ist, entfernt werden; ferner wer heimlich oder offen dem Moder- 
nismus zugetan ist und entweder die Modernisten lobt oder ihre Fehl- 
tritte entschuldigt, oder die Scholastik, die heiligen Väter und das kirchliche 
Lehramt bemängelt, oder der kirchlichen Autorität in irgend einem ihrer 
Vertreter den Gehorsam verweigert; ferner wer in der Geschichte oder der 
Archäologie oder der Exegese Neuerungen sucht; ferner wer die kirchlichen 
Disziplinen vernachlässigt oder die profanen ihnen vorzieht. — In diesem
	        
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