30 Das Dentische Reith und seine einzelnen Glieder. (Februar 9.)
fung der Gehaltsbezüge auffordert; er schärft nur eine von jeher geübte
Praxis von neuem ein. Hierzu hatte er besonderen Anlaß, da es sich un
eine provisorische weitgehende Neuregelung der Lehrergehälter unter Auf-
wendung erheblicher Staatsmittel handelt. Zudem hatte ja der Landtag
unter ausdrücklicher Zustimmung der Partei des Interpellanten beschlossen,
daß die Staatsregierung zur Beseitigung der Landflucht die unbilligsten
Ungleichheiten in der Lehrerbesoldung aus der Welt schaffen solle. (Heiter--
keit links.) Wenn man eine solche Forderung stellt, so bleibt doch eben
nur ein Einschreiten der Unterrichtsverwaltung und eine Beschränkung der
Selbstverwaltung übrig. Denn wenn man in demselben Augenblick die
niedrigsten Gehälter von 900 auf 1100, die höchsten von 1500 auf 1700
erhöht, so sind eben die unbilligsten Ungleichheiten nicht beseitigt und der
Landflucht ist nicht gesteuert. Ich habe daher in dem Erlaß lediglich den
Münschen der Interpellanten Rechnung getragen und auch ausgeführt, was
dieses Haus, insbesondere auch die nationalliberale Partei von der Unter-
richtsverwaltung gefordert haben. Gewiß ist ein solches Vorgehen im Ver-
waltungswege immerhin ein mißliches. Die Staatsregierung hat daher
dringend empfohlen, keine provisorischen Verwaltungsmaßnahmen zu treffen,
sondern den Weg der Gesetzgebung zu beschreiten. Nachdem sie aber ein-
mal den Wünschen der Volksvertretung nachzugeben sich entschlossen hatte,
mußte sie die Konsequenzen aus dem gefaßten Beschlusse ziehen. Wenn
man dann vielfach gegen den Erlaß den Angriff richtet, er beabsichtige,
jede weitere Erhöhung der Lehrergehälter in Städten und Industrie-
gemeinden, womöglich sogar jede Erhöhung über 1100 J zu verhindern,
so genügt ein einfacher Blick in den Wortlaut, um zu zeigen, daß davon
nicht die Rede sein kann. Der Erlaß schreibt überhaupt nicht vor, daß in
irgend einem Falle eine Versagung der Schulaufsichtsgenehmigung statt-
finden solle; er enthält nur die geschäftsleitende Verfügung, daß die Re-
gierungen in den Fällen, in denen sie erhebliche Bedenken haben, die Ent-
scheidung der Zentralinstanz anrufen sollen. Wie aber diese Entscheidun
tatsächlich gehandhabt ist, zeigt am besten die Statistik. Seit dem Eriaß
bis Anfang November desselben Jahres ist eine Erhöhung des Lehrer-
diensteinkommens über die in dem Erlaß gesteckten Mindestsätze hinaus
von den Schulverbänden beschlossen worden in rund 1000 Fällen. Davon
sind von den Bezirksregierungen glatt genehmigt 882, und nur in 17 Fällen
hat die Zentralinstanz durch die Regierung angewiesen, die Genehmigung
ganz oder teilweise zu versagen. Iu 17 Fällen! In den übrigen 100 Fällen
handelt es sich um Beanstandungen rein formaler Natur. So sehen die
wirklichen Tatsachen aus. Damit ist am besten erwiesen, daß weder der
Erlaß, noch die Unterrichtsverwaltung die Lehrerschaft an der materiellen
und ideellen Hebung ihres Standes hindern will. Die Staatsregierung
hat an dieser Hebung mindestens die gleichen Interessen, wie die Inter-
pellanten. Der Erlaß ist ergangen, um den ausdrücklichen Wünschen der
nationalliberalen Partei Rechnung zu tragen (Heiterkeit und Widerspruch
bei den Nationalliberalen), ist aber von der Unterrichtsverwaltung in durch-
aus wohlwollender maßvoller Weise zur Ausführung gebracht. Man spricht
nie davon, daß es der Unterrichtsverwaltung durch diesen Erlaß unter
Aufwendung beträchtlicher Staatsmittel gelungen ist, eine beträchtliche
Besserung der Lage der Volksschullehrer herbeizuführen. Die Großststadt-
lehrer werden natürlich wenig davon berührt, wenn die Landlehrer von
900 auf 1100 Mark und von 100 Mark Alterszulage auf 120 Mark auf-
gebessert werden. Für die Landlehrerschaft bedentet diese Aufbesserung aber
einen wesentlichen Fortschritt. Sodann läßt man ganz unbeachtet, daß erst
bei Gelegenheit der jetzt von der Unterrichtsverwaltung getroffenen Maß-