Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiundzwanzigster Jahrgang. 1907. (48)

372 Natraz in §. 291. 
gefälscht, vielleicht ist es leichtfertig oder aus allzu großer Güte oder in 
blindem Vertrauen auf den Verfasser gegeben worden; letzteres könnte in 
religiösen Orden zuweilen geschehen. Dazu kommt, daß Bücher, die an 
einem Orte harmlos sein mögen, wegen besonderer Umstände anderswo 
schaden können, wie ja auch die gleiche Speise nicht allen zuträglich ist. 
Wenn also ein Bischof, nach Einholung des Urteils vernünftiger Männer, 
glaubt, auch ein solches Buch für seine Diözese verbieten zu sollen, so 
geben Wir dazu nicht bloß alle Vollmacht, sondern legen ihm auch die 
Pflicht auf. Der Takt muß dabei selbstverständlich gewahrt bleiben, und 
wo es genügt, beschränke man das Verbot auf den Klerus; aber auch in 
diesem Falle bleibt die Pflicht der katholischen Buchhändler bestehen, vom 
Bischofe verbotene Bücher nicht zu führen. — Und, weil die Rede gerade 
hierauf gekommen, die Bischöfe sollen darüber wachen, daß die Buchhändler 
nicht aus Gewinnsucht schlechte Ware vertreiben; in manchen Katalogen 
sind modernistische Bücher reichlich vertreten und mit lauter Reklame an- 
gezeigt. Die Bischöfe sollen sie warnen, und wenn sie nicht gehorchen, 
ihnen unbedenklich den Titel katholischer Buchhändler absprechen, ebenso 
und noch mehr den Titel bischöflicher Buchhändler; die einen päpstlichen 
Titel führen, zeige man dem Apostolischen Stuhle an. — Allen bringen 
Wir in Erinnerung, was Artikel 26 der erwähnten apostolischen Konstitution 
Officiorum sagt: Alle, die eine päpstliche Vollmacht erhalten haben, ver- 
botene Bücher zu lesen und zu besitzen, dürfen deshalb noch nicht alle 
Bücher und Zeitungen lesen oder besitzen, die vom Dibzesanbischof ver- 
boten sind, es sei denn, daß ihnen in der päpstlichen Vollmacht ausdrücklich 
die Erlaubnis gegeben wäre, Bücher zu lesen und zu besitzen, die von 
irgend jemand verboten sind. 
IV. Aber es ist nicht genug, Lektüre und Verkauf schlechter Bücher 
zu verhüten, man muß auch ihre Veröffentlichung hindern. Deshalb sollen 
die Bischöfe in Erteilung der Druckerlaubnis äußerste Strenge walten 
lassen. — Weil aber nach der Konstitution Officiorum sehr vieles zur 
Veröffentlichung der bischöflichen Erlaubnis bedarf, und weil der Bischof 
nicht alles selbst einsehen kann, so hat man für diese Revision in manchen 
Diözesen amtliche Zensoren in genügender Zahl eingesetzt. Diese Ein- 
richtung findet Unsern vollen Beifall, und Wir wünschen nicht bloß, 
sondern verordnen förmlich, daß sie auf alle Diözesen ausgedehnt werde. 
An allen bischöflichen Kurien sollen also amtliche Zensoren bestimmt sein 
zur Durchsicht der zu veröffentlichenden Schriften. Dazu sind aus dem 
Welt- und Ordensklerus durch Alter, Gelehrsamkeit und Klugheit erprobte 
Männer auszuwählen, die bei der Billigung und Verurteilung von Lehr- 
meinungen einen sichern Mittelweg einzuhalten haben. Die Schriften, 
welche nach Artikel 41 und 42 der oben erwähnten Konstitution Druck- 
erlaubnis benötigen, sollen ihnen zur Kenntnisnahme vorgelegt werden, und 
der Zensor soll sein Urteil schriftlich abgeben. Ist dasselbe günstig, so 
erteilt der Bischof seine Erlaubnis zur Veröffentlichung durch das Wort 
Imprimatur; aber dem soll die Formel Nihil obstat mit der Unterschrift 
des Zensors voraufgehen. — An der römischen Kurie müssen wie anderswo 
amtliche Zensoren bestimmt werden. Der Magister Sacri Palatii ernennt 
sie nach Rücksprache mit dem Kardinalvikar und unter Zustimmung und 
Gutheißung des Papstes. Er hat auch für die Revision der einzelnen 
Werke den Zensor zu bestimmen. Die Druckerlaubnis wird ebenfalls vom 
Magister Sacri Palatii und gleichfalls vom Kardinalvikar oder dem stell- 
vertretenden Bischof gegeben; voran steht, wie gesagt, die Approbations- 
formel des Zensors mit seiner Namensunterschrift. — Nur in außer- 
ordentlichen Fällen und äußerst selten darf nach dem Urteil des Bischofs
	        
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